Für die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist der Fall klar gewesen: Eine Studentin habe nach Ende eines Online-Tests lediglich eine leere Prüfungslösung hochgeladen. Das Verwaltungsgericht hält es aber für wahrscheinlicher, dass der Fehler bei der Hochschule liegt und kritisiert deren unsicheres Online-Verfahren.
ZHAW.
Die ZHAW auf dem Toni-Areal. (Symbolbild) - Keystone

Die Studentin absolvierte die Prüfung im Modul «Legal English Advance 1» am 20. Mai 2020 von 8.00 Uhr bis 9.32 Uhr. Zwei Monate darauf erhielt sie angesichts fehlender Antworten die Note 1.

Sie habe eine Prüfungslösung eingereicht, diese müsse korrekt bewertet werden, forderte die Studentin daraufhin. Sie wies darauf hin, dass sich auf ihrem Computer ein Dokument befindet, auf dem die Antworten zu finden sind. Metadaten würden belegen, dass dieses um 9.30 Uhr zum letzten Mal bearbeitet wurde. Eine Bestätigungs-Mail zeige auf, dass die ZHAW um 9.32 Uhr ein Dokument erhalten habe.

Das Verwaltungsgericht stützt nun eine Beschwerde der Studentin: Es weist die Hochschule an, die auf dem Computer befindliche Lösung zu korrigieren und diese - zwei Jahr nach dem Test - zu benoten.

Es lasse sich zwar nicht ausschliessen, dass die Studentin ihre Lösung nachträglich noch bearbeitet habe, heisst es im Urteil, das in dieser Woche veröffentlicht wurde.

Doch habe es die ZHAW unterlassen, den Sachverhalt sofort zu untersuchen und auf die Argumente der Studentin einzugehen. Die Hochschule habe auch nicht weiter belegt, dass das leere Prüfungsdokument wirklich von der Frau stamme.

Die ZHAW hatte gemäss Urteil darauf verwiesen, dass in ihrem Download-Ordner das anfängliche Aufgabenblatt «LEA1_8.00am Written Assessment FS20.docx» enthalten war sowie das nach Prüfungsende hochgeladene leere Antwortblatt, das denselben Namen trug, aber den Zusatz «(1)» für eine Kopie enthielt.

Die Studentin hätte laut Gericht das Prüfungsblatt zweimal herunterladen und bei sich in zwei unterschiedlichen Ordnern speichern müssen. In der Folge hätte sie ein Dokument bearbeitet, jedoch am Ende das leere abgegeben. «Ein solches Versehen ist theoretisch möglich, jedoch unwahrscheinlich.»

Für das Verwaltungsgericht gibt es eine naheliegendere Möglichkeit: Dass auf dem ZHAW-Server eine solche leere Kopie vorhanden sei, sei auch «mit einem einfachen Versehen der ZHAW in Form des doppelten Herunterladens des Aufgabenblatts zu erklären».

Dass derartige Fehlerquellen vorhanden seien, habe die ZHAW mit der Gestaltung ihrer Online-Prüfung zu verantworten, heisst es im Urteil. Für «bemerkenswert» hält es etwa die Tatsache, dass die Studierenden ihre Lösung mit demselben Dateinamen wie die das leere Aufgabenblatt hätten versehen können.

Dadurch werde eine Verwechslungsgefahr geschaffen, kritisiert das Verwaltungsgericht. Andere Hochschulen würden standardmässig vorgeben, den Namen oder die Matrikelnummer zu verwenden - dies sei eine «deutlich sicherere Vorgehensweise».

Die Verwechslungsgefahr sei noch erhöht worden, weil die ZHAW das leere Aufgabenblatt und die erhaltenen Prüfungslösungen im selben Ordner «Downloads» abspeicherte, hält das Gericht weiter fest.

Es kritisiert auch, dass «die Studierenden ihre Prüfungslösungen offenbar im Word- und nicht im PDF-Format abgeben mussten». Dadurch könne die Lösung nachträglich noch verändert werden. Vorliegend habe das die ZHAW offenbar getan, indem sie noch den Namen der Studentin in die Kopfzeile des leeren Antwort-Dokuments eingefügt habe.

Für das Verwaltungsgericht erscheint es aufgrund der eingereichten Belege «deutlich wahrscheinlicher, dass aufseiten der ZHAW ein Fehler passiert ist, als dass die Studentin eine leere Prüfungslösung abgegeben hat». Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

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