Tempo 30 sorgt tatsächlich für mehr Ruhe. Dies zeigt eine Analyse von Stadt und Kanton Zürich auf neun Strecken in der Stadt Zürich. Ziel der Analyse war, die Diskussion «zu versachlichen».
Höhere Kosten könnten für die gewünschten Tempo-30-Zonen in Spreitenbach AG das Aus bedeuten (Symbolbild).
Höhere Kosten könnten für die gewünschten Tempo-30-Zonen in Spreitenbach AG das Aus bedeuten (Symbolbild). - Keystone

Die Diskussion um Tempo 30 wurde in der Vergangenheit oft kontrovers und emotional geführt. Bürgerliche Verkehrspolitiker sind überzeugt, dass Tempo 30 nicht so viel bringt wie von den Behörden erhofft und lediglich die Autofahrer weiter ausbremst.

Um die Diskussion «zu versachlichen», wie es der Kanton ausdrückt, führten Stadt und Kanton Zürich eine Analyse durch. Auf neun Tempo 30 Strecken in der Stadt wurde gemessen, wie stark der Lärm sinkt - und ob sich die Autofahrer an die neue Geschwindigkeitsvorgabe halten. Gemessen wurde vor und nach der neuen Signalisation.

Die Resultate, die am Donnerstag publiziert wurden, zeigen, dass der Lärm tatsächlich abnimmt. Die Reduktion liegt tagsüber zwischen 0,6 und 2,9 Dezibel und in der Nacht zwischen 1,1 und 3,1 Dezibel. «Leiser» wird Lärm ab einer Reduktion von 1 Dezibel wahrgenommen. Vor allem in der Nacht sorgt Tempo 30 also für mehr Ruhe.

Bei jenen Strecken, bei denen der Lärm nur um 0,6 Dezibel abnahm, half Tempo 30 also nicht viel. Dies liegt aber nicht primär am Konzept Tempo 30 als vielmehr daran, dass sich viele Autofahrer nicht an die neue Vorgabe hielten. Vor allem auf der Rämi- und auf der Steinstrasse sind nach wie vor viele zu schnell unterwegs.

Verlagerungseffekte in die Quartiere wurden bei allen untersuchten Strecken keine festgestellt.

Tieferes Tempo bedeutet logischerweise aber längere Reisezeit. Die Analyse zeigt, dass die Reisezeit pro 100 Meter um 1 bis 3 Sekunden zunimmt. Dies gilt auch für den ÖV. Auch ein Bus kommt langsamer vorwärts, weil Tempo 30 auch für ihn gilt.

«Auf Verlustzeiten beim ÖV müssen wir besonders achten», wird Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) in der Mitteilung zitiert. Schliesslich trage ein attraktiver, gut vernetzter ÖV auch zur Reduktion des Strassenlärms bei.

Beim Automobil-Club ACS kommt die Untersuchung mittelmässig an. Zwar würden die gemessenen Lärmreduktionen grossmehrheitlich den früher gemachten Berechnungen entsprechen. Zuverlässige Aussagen zum Ausweichverkehr in die Quartiere würden aber fehlen, weil sich Autofahrer zuerst an ein neues Regime gewöhnen müssten.

Zudem bleibe Zürich für Autofahrer ein Flickenteppich, teilte der ACS mit. Das Temporegime wechsle dauernd. Für den Verkehrsteilnehmer sei es schwierig, festzustellen, welches Tempo gerade gelte. Diese Unsicherheit führe dazu, dass Autofahrer durch Kontrollen im Tempo-30-Bereich «rasch und unnötig kriminalisiert» würden.

Mehr Begeisterung kommt von der anderen Seite, vom Verkehrs-Club VCS. Die Analyse zeige, was längst bekannt gewesen sei. «Tempo 30 wirkt, wir wussten es schon lange», schreibt der VCS.

Allerdings ist der autokritische VCS in einem Punkt einer Meinung mit dem ACS: Zürich ist ein Flickenteppich geworden, der für Autofahrer schwer nachvollziehbar ist. Die bisher verfügten Tempo-30-Signalisationen seien nicht das Resultat einer Strategie und eher zufällig verfügt worden. Es brauche aber eine Gesamtsicht darüber, wie die Quartiere vor Lärm geschützt werden könnten.

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