Eine interessante Zeitreise im Strohmuseum im Park
Das «Strohmuseum im Park» in Wohlen widmet sich der Geschichte der Freiämter Hutgeflechtindustrie.

Die aktuelle Lage und die Massnahmen rund um das Coronavirus betreffen auch das Strohmuseum im Park in Wohlen. Museumsleiterin Petra Giezendanner zeigt sich verständnisvoll und optimistisch: «Es war vorhersehbar und ich war gefasst auf die Schliessung. Es ist die richtige Entscheidung. Die Bevölkerung muss jetzt konsequent sein und das ‹Social Distancing› ernst nehmen. Da gehört es auch dazu, dass Museen geschlossen werden. Das ist in dieser Extremsituation schon richtig.»

Die Besucherzahlen des Museums brechen aufgrund dessen natürlich ein. Schon im März zählte das Museum weniger Besucher als sonst. Auch für die gebuchten Führungen nach dem 19. April gebe es nicht so viele Anmeldungen wie sonst oder die Leute melden sich bereits jetzt dafür ab. «Man muss jetzt schauen, wie lange das Ganze andauert und mit der Situation bestmöglich umgehen», sagt Giezendanner zuversichtlich.

Vom Bauernhandwerk und Massenproduktion
Seit sieben Jahren befindet sich das Museum in der Villa Isler. Die Villa sowie der Park wurden in den 1860er-Jahren durch den Strohfabrikanten August Isler erbaut bzw. angelegt. Passender könnten die Räumlichkeiten des Museums also nicht sein.

Das Strohmuseum im Park widmet sich der Geschichte der Freiämter Hutgeflechtindustrie. In keiner anderen Region der Welt sind im 19. Jahrhundert solch feine Hutgarnituren hergestellt worden wie im aargauischen Freiamt. Stroh, dieses bescheidene Material, war zwei Jahrhunderte lang Grundlage eines blühenden Wirtschaftszweiges in dieser Gegend. Was als Heimarbeit begonnen hatte, entwickelte sich allmählich zur exportorientierten Hutgeflechtindustrie.

Das Publikum wird eingeladen auf eine spannende Reise durch die Zeit vom bäuerlichen Kunsthandwerk im 18. und 19. Jahrhundert über die industrielle Massenproduktion für den launenhaften internationalen Modemarkt, bis zum Niedergang der Industrie im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts.

Die Geschichte der Freiämter Hutgeflechtindustrie wird so erzählt, wie sie nur ein zeitgemässes Museum erzählen kann: vielseitig, multimedial, interaktiv und anhand von unzähligen Originalen.

Sammlung über drei Stockwerke
Die Sammlungspräsentation beginnt mit einem multimedialen Prolog im ehemaligen Speisezimmer im Erdgeschoss, der die Besucherinnen und Besucher während ein paar Minuten in das Thema eintauchen lässt.

Der Rundgang setzt sich im Dachgeschoss fort, wo die Entstehung der Freiämter Strohverarbeitung in vorindustrieller Zeit thematisiert wird, als Tausende von Heimarbeiterinnen wahre Kunstwerke aus Stroh schufen.

Das erste Obergeschoss ist der industriellen Produktion, den neuen Materialien und den internationalen Vernetzungen der Hutgeflechtindustrie im späten 19. und im 20. Jahrhundert gewidmet.

Der ehemalige Salon im Erdgeschoss dient als Wechselausstellungsraum. Hier wird noch bis 27. September 2020 die Sonderausstellung «Au revoir à ‹chly Paris› – Bally zu Gast in der Villa Isler» gezeigt. Die Ausstellung lädt zu einer kurzweiligen Reise in das Jahr 1939 ein.

Im Zentrum steht eine audiovisuelle Show im inszenierten Salon der Villa Isler. Hier lauschen sie dem Kaminfeuergespräch der beiden Industriellen, das durch historische Filmsequenzen, Bilder und zahlreiche Objekte untermalt ist. Die Herren Isler und Bally unterhalten sich über die allgemeine Lage der Mode- und Textilindustrie während der Kriegszeit und analysieren mit Scharfsinn und Witz die Situation in ihren Unternehmen.

Spannender Rundgang für Kinder
Das Strohmuseum im Park zählt jährlich an die 6000 Besucherinnen und Besucher. Auch wenn überwiegend die ältere Generation den Weg ins Museum findet, so gibt es doch auch ein spannendes Angebot für die kleinen Besucher.
Kindern zwischen fünf und neun Jahren steht ein eigener Rundgang zur Verfügung, bei dem sie an sieben in die Sammlungspräsentation integrierten Stationen das Strohmuseum auf ihre Art entdecken.

Dabei werden sie von Zaggli, einem Maskottchen, begleitet. Zaggli, ursprünglich der Name eines Freiämter Geflechts, hat bei jeder Station eine Aufgabe vorbereitet. Der Kinderkorpus wird zur Arbeitsstation, ausgestattet mit Sitzkissen, Bastelutensilien oder einer Märchenstation.

In der aktuellen Sonderausstellung gibt es für die Kinder zudem eine Art Höhle, die Wohnung des Museums-Maskottchens Zaggeli, in der es ebenso etwas zu entdecken gibt.

Zur Person
Petra Giezendanner ist seit einem Jahr Museumsleiterin des Strohmuseums im Park. Giezedanner, die Kunstgeschichte studierte, war lange im Kunstmuseum Thun tätig sowie zu letzt im Kunstzeughaus Rapperswil. Die 45-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. In ihrer Freizeit besucht sie gerne andere Museen und Ausstellungen.