Die SVP will den Einwohnenden von Winterthur wieder die Möglichkeit bieten, Atomstrom zu beziehen. Für die SP hat Strom aus Atomkraft jedoch keine Zukunft.
Philippe Weber SP
Philippe Weber, Mitglied des Stadtparlaments für die SP und Co-Präsident der Klimaallianz 2040 Winterthur. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Initiative der SVP will den Bezug von Atomstrom in Winterthur wieder möglich machen.
  • Dies folgt als Reaktion auf die Streichung des Stromprodukts «e-Strom. Grau».
  • Für die SP ist dies nicht sinnvoll: Atomkraft biete zu viele Nachteile.
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Zurück zum Atomstrom: Dies fordert eine am 12. Juli 2023 eingereichte Volksinitiative der SVP. Sie hat diese als Antwort auf die Streichung des Stromprodukts «e-Strom. Grau» eingereicht.

Durch dieses Produkt konnten die Haushalte Winterthurs Strom aus Atomkraft zu einem günstigeren Preis beziehen. Bei Annahme der Initiative würde eine analoge Option geschaffen, welche aus reiner Atomkraft bestehen soll.

Beznau
Das Atomkraftwerk Beznau. - Keystone

Die SVP fordert ausserdem, dass das Produkt als klimafreundlich vermarktet werden soll. Dies, weil die EU im Juli 2022 Atomenergie und Erdgas als grün einstufte.

Maria Wegelin, Präsidentin der SVP Winterthur, hat sich Nau.ch bereits für die Initiative ausgesprochen. Nun nimmt Philippe Weber, Mitglied der SP Winterthur und Co-Präsident der Klimaallianz 2040 Winterthur, Stellung zu den Forderungen der SVP.

Nau.ch: Weshalb wurde die Option «e-Strom. Grau» für die Einwohnenden von Winterthur gestrichen?

Philippe Weber: Winterthur setzt sich konsequent für eine klimagerechte Zukunft ein. Dazu gehört auch, dass über lenkende Massnahmen die Bevölkerung zur Mitarbeit gegen die Klimakrise involviert wird. Winterthur kann stolz darauf sein, nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen bei einem völlig durchschnittlichen Strompreis anzubieten.

Nau.ch: Atomkraft verursacht keine CO₂-Emissionen, wieso sprechen Sie sich gegen Atomkraft aus?

Philippe Weber: Atomkraft verursacht insbesondere im Bau der Kraftwerke und im Abbau und Transport von Uran erhebliche CO₂-Emissionen. Für die Lagerung der Abfälle ist bis heute keine Lösung gefunden worden und dies stellt auch eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung dar.

Für den Abbau von Uran ist man ausserdem abhängig von ausländischen Akteuren, welche sich in den letzten Jahren nicht nur mit Ruhm bekleckert haben.

Sollte weiterhin auf Atomkraft gesetzt werden?

Nau.ch: Die Lebenserhaltungskosten sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. War und ist die alternativlose Streichung der günstigsten Option einkommensschwachen Haushalten gegenüber gerechtfertigt?

Philippe Weber: Winterthur hat einen Strompreis, der sich im Vergleich zu anderen Grossstädten im unteren Mittelfeld bewegt. Gerade durch das Fördern von lokaler, erneuerbaren Energie kann sichergestellt werden, dass auch in Zukunft der Strompreis auf einem bezahlbaren Niveau bleibt, indem man sich vom internationalen Stromhandel emanzipiert.

Dadurch, dass wir eine Liberalisierung des Strommarktes verhindern möchten, stellen wir sicher, dass die Kosten für Strom nicht so enorm steigen wie Mieten oder Gesundheitskosten, welche dem Markt unterworfen sind.

Um einkommensschwache Haushalte zu entlasten, darf man ihnen keinen dreckigen Strom andrehen, sondern muss dafür sorgen, dass über Entlastungen zum Beispiel für die Krankenkasse und angemessenen Mindestlöhnen die Kaufkraft erhalten bleibt.

Nau.ch: Sind Entlastungslösungen, beziehungsweise günstige, nachhaltige Alternativen als Optionen für den Strombezug geplant?

Philippe Weber: Indem die Stadt Winterthur den Ausbau von Sonnenenergie und Fernwärme konsequent vorantreibt, sollte längerfristig der eher tiefe Strompreis erhalten werden können. Abgesehen davon haben wir gerade einen Mindestlohn beschlossen, welcher mithelfen sollte, dass der Strombezug nicht zur Bürde wird.

Nau.ch: Sehen Sie weiteren Handlungsbedarf für die Energiepolitik von Winterthur?

Philippe Weber: Winterthur muss weiterhin den Weg zu Netto-Null konsequent vorantreiben. Beim Ausbau und dem Angebot für Fernwärme muss vorwärtsgemacht werden.

Ausserdem wäre es wünschenswert, wenn auch die Mietendenden Möglichkeiten erhalten würden, mehr von erneuerbarer Energie zu profitieren, indem zum Beispiel Stecker-Solaranlagen für auf den Balkon oder den Garten subventioniert werden.

Stecker-Solaranlagen für den Balkon können die eigene Stromrechnung senken. Die Anschaffung wird in manchen Ländern, Landkreisen oder Kommunen bezuschusst.
Stecker-Solaranlagen für den Balkon können die eigene Stromrechnung senken. - Sven Hoppe/dpa/dpa-tmn

Zur Person

Philippe Weber, geboren 1988, arbeitet als Applikationsentwickler. Er ist Mitglied des Stadtparlaments Winterthur für die SP und seit Anfang der laufenden Legislatur im Mai 2022 Präsident der Kommission Umwelt & Betriebe.

Ausserdem engagiert er sich als Co-Präsident der Klimaallianz 2040 Winterthur und war Co-Kampagnenleiter der Abstimmung zu Netto-Null 2040 im Herbst 2021. Zu seinen Hobbys gehören das Schlagzeugspielen in verschiedenen Bands, Velofahren und Kochen.

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