Das ehemalige Restaurant Rössli in Hackbere dient heute als Wohnung von Marc Binder, unkonventionell und gemütlich.
Das ehemalige Restaurant Rössli in Hackbere dient heute als Wohnung von Marc Binder. - Gemeinde Bischofszell
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«Eigentlich wollte ich damals nur günstig wohnen und bin so zu diesem Haus mit Restaurant gekommen», beginnt der ehemalige Wirt das Gespräch. Das Haus thront über Bischofszell, Richtung Schweizersholz.

Mit der gelben Schindel-Fassade und dem grossen Magnolienbaum im Garten ist es ein Hingucker. Ob Wohnhaus oder Restaurant, ist nicht recht zu erkennen.

Die Aufhängung für die Restauranttafel hängt immer noch und eine Tafel kündigt freie Gästezimmer an. Über 100 Jahre war das Rössli in Hackbere ein Gasthof.

Heute ist das Restaurant geschlossen und die Räumlichkeiten dienen als Wohnung. Dennoch würde sich das Erdgeschoss mit einigen wenigen Handgriffen wieder zum Restaurant umfunktionieren lassen.

Verwurzelt mit dem Städtchen

Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist der 49-jährige Marc Binder in Bischofszell. Öfters hat die Familie innerhalb des Städtchens den Wohnort gewechselt. «Eigentlich habe ich schon früher speziell gewohnt», erzählt er.

Zum Beispiel als Jugendlicher für einen Sommer lang im Zelt an den Flüssen in der Region oder in einem Büro unter der Wohnung des Vaters. Binder ist verwurzelt mit dem Städchen, war auch in jungen Jahren nie länger weg von Bischfszell und seiner Umgebung.

Vor rund 15 Jahren ist er in Hackberen gelandet. Er kaufte das Haus und eröffnete das Restaurant Rössli neu. In den darauffol genden Jahren lief die Restauration mal besser mal schlechter und zum normalen Betrieb veranstaltete Binder Open-Airs, Dart-Anlässe und Konzerte.

Irgendwann kamen die vier Gästezimmer im 1. Obergeschoss und die Wohnung im Dachgeschoss dazu, welche der Wirt bezog. 2016 musste Marc Binder dann aus privaten Gründen den Restaurantbetrieb endgültig einstellen und sich neu orientieren.

Gaststätte zu Wohnung umgebaut

Zuerst konnte er das Restaurant noch an einen Pächter vermieten, was aber nicht lange gut lief. Irgendwann kam Binder zum Schluss: «Es ist einfacher einen Wohnungsmieter als einen Restaurantpächter zu finden» und vermietete die Wohnung im Dachgeschoss und zog selber ins Restaurant. «Mit ein paar Handgriffen habe ich die Gaststätte zu einer passenden Wohnung umgebaut.»

Heute sind die Mieteinnahmen der Wohung und der Zimmer wichtige Einnahmequellen nebst seinem Verdienst als selbständiger Taxiunternehmer. «Nach meinem Umzug wurde mir bewusst, wie wenig sich die Wohnung im Dachgeschoss mit meinem immer wieder «Losmüssen» als Taxifahrer vereinbaren liess und welch Lärmimmissionen das für die Mieter bedeutete», reflektiert er.

Vom Parterre aus, sei das viel besser. Seit rund zwei Jahren wohnt er im Restaurant und es fühlt sich stimmig an für ihn, er fühlt sich wohl so. Binder kann sich nicht mehr vorstellen in einem normalen Mehrfamilienhaus zu leben. «Hier spielt alles zusammen, meine Selbständigkeit und das unabhängige Wohnen. Das bedeutet für mich Freiheit», sagt er.

Geselliger Typ

Die Erinnerung an die Zeit, als er noch mit Gästen hier in seiner Wohnung sass, sei für ihn manchmal schon etwas komisch, sagt er. Der Bierzapfhahn ist noch da und mit dem Getränkebuffet hat Binder einen überdimensional grossen Kühlschrank.

Sein heutiges Schlafzimmer war am Anfang die Terrasse des Restaurants, später Dartraum und Austragungsort etlicher Dartspiele. «Es gibt keinen besseren Ort zum Schlafen als hier», ist sich Binder sicher.

Ein wenig speziell an seiner Wohnung ist, dass sich Küche und Toilette ausserhalb der Wohnung auf dem Gang befinden. «Das rührt noch vom Restaurantbetrieb her und konnte nicht in die Wohnung integriert werden, sagt Binder.

«Schon früher haben mir die Restaurantgäste immer gesagt, dass es im Gastraum so gemütlich wie in einer Stube sei», erinnert sich der 49-Jährige.

Sicher auch, weil der Schwedenofen schon damals im Gastraum stand. «Mein Lieblingsplatz ist aber ganz klar der Garten mit Blick auf Bischofszell», sagt Binder. Er geniesse es, wenn sich Mieter oder Freunde dazugesellen.

«Ich war schon immer ein geselliger Typ», sagt er. «Wirten» im herkömmlichen Sinne möchte er dennoch nicht wieder, stellt er klar. Viele Varianten sind denkbar. Ob das «Rössli» irgendwann wieder als Restaurant glänzt oder umgenutzt wird, wer weiss, Binder lässt es offen. Ideen hat er viele.

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