Die Zwangsarbeit von jungen Frauen in der Spinnerei Dietfurt soll untersucht werden. Dies fordert die St. Galler SP in einem Vorstoss. Der Betrieb gehörte ab 1941 dem Waffenfabrikaten Emil Bührle, dessen Kunstsammlung in Zürich seit längerem für Kontroversen sorgt.
Stiftung Sammlung E. G. Bührle
Eine Büste von Emil Georg Bührle, kreiert von Charles Bänninger. Der Unternehmer und Kunstsammler wurde mit Waffenexporten reich. (Archivbild) - Keystone

Der Vorstoss von SP-Fraktionschefin Bettina Surber bezieht sich auf verschiedene Berichte, die im «Beobachter» erschienen sind. Darin geht es um die ehemalige Spinnerei und Weberei in Dietfurt und das ihr angegliederte Marienheim. 1941 hatte der Waffenfabrikant Emil Bührle den Betrieb gekauft.

Im «Fabrikkloster» Marienheim, geführt von Ingenbohler Schwestern, seien minderjährige Mädchen und junge Frauen gegen ihre Willen untergebracht und zur Arbeit in der Spinnerei gezwungen worden, heisst es im Vorstoss. Aus Berichten gehe hervor, dass die Unterbringung der jungen Frauen als fürsorgerische Massnahme behördlich angeordnet worden sei. Zwangsarbeit für private Firmen war in der Schweiz aber ab 1941 verboten.

Es handle sich um behördlich angeordnetes Unrecht, aus dem ein Grossindustrieller Profit geschlagen habe, erklärte Surber. Damit stelle sich die Frage, wie das Verbot der Zwangsarbeit umgangen worden sei und wieweit dabei «Organe des Kantons St. Gallen» involviert gewesen seien.

Die Kantonsrätin will von der Regierung wissen, wie viele Mädchen und Frauen zur Arbeit in der Spinnerei gezwungen worden sind. «Mussten kantonale Behörden den Anordnungen zustimmen?», ist eine weitere Frage im Vorstoss. Zudem soll die Regierung erklären, ob sie bereit sei, «dieses traurige Kapitel von behördlich verordnetem oder tolerierten Unrecht aufzuarbeiten».

Ein ähnlicher Vorstoss wurde im Zürcher Stadtparlament eingereicht. SP-Gemeinderätin Christine Seidler verlangte eine historische Aufarbeitung. Der Reichtum Bührles sei auch aus einem «von der Stadt Zürich damals aktiv unterstützten Mädchenhandel» entstanden. Die Stadt stehe in der Verantwortung.

Der Zürcher Stadtrat zeigte sich im Februar bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen und verwies auf die laufenden Forschungsarbeiten zu den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, die auch die Geschichte der Mädchenheime umfassen werde.

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