World Vision: Wie Religion im Kampf gegen Corona helfen kann
Die Corona-Krise hat vor allem für Drittweltländer weitreichende Folgen. World Vision mit Standort in Dübendorf leistet in diesem Bereich Aufklärungsarbeit.

70 Jahre Erfahrung und in fast 100 Ländern präsent – World Vision gehört zu den weltweit grössten Hilfswerken.
In der Schweiz ist die Organisation – etwas versteckt und unscheinbar – an der Kriesbachstrasse in Dübendorf zu Hause.
«Viele assoziieren World Vision in erster Linie mit einer Kinderpatenschaft», erklärt Medienverantwortlicher Alexander Koch. Doch das Patenschaftsmodell ist nur einer von vielen Teilbereichen der Organisation. «Die Patenkinder geben der Entwicklungszusammenarbeit ein Gesicht und die Patinnen und Paten haben einen etwas engeren und emotionaleren Bezug zu unserer Arbeit.» Aber daneben leistet World Vision auch Not- und Katastrophenhilfe und ist der weltweit grösste Partner des Welternährungsprogramms WFP.
Mädchen vermehrt verheiratet
Ein Thema, um das die ganze Welt derzeit nicht drumherum kommt, ist das Coronavirus. In der Schweiz bedeutet das unter anderem eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr oder Hilfspakete, die Kleinunternehmen zugesprochen werden müssen. Doch wie sieht die Situation in Drittweltländern aus?

«In ohnehin schon ärmeren Ländern verschärft sich die wirtschaftliche Lage noch mehr, wenn Eltern keine Arbeit mehr haben. Das hat auch zur Folge, dass häusliche Gewalt zunimmt oder mehr Mädchen verheiratet werden, um das Familienbudget zu entlasten», so Alexander Koch weiter.
Überlastete Gesundheitssysteme
Im Bereich der Katastrophenhilfe unterstützt die Organisation die Bevölkerung in diesen Ländern vor allem durch Sensibilisierung und Aufklärungsarbeit.
«Wir zeigen ihnen, wie sie Ansteckungen vermeiden oder wie man sich richtig die Hände wäscht.» Des Weiteren werden Kinder, die zu Hause bleiben müssen, mit Aktivitätspaketen oder Unterrichtsmaterialien unterstützt. Durch die überlasteten Gesundheitssysteme sterben mehr Kinder an Masern, Malaria oder Unterernährung. «Aus diesem Grund werden beispielsweise Krankenhäuser mit Hygieneartikeln, Schutzkleidung oder einfachem medizinischem Material versorgt.»
Christliche Werte bei World Vision
Was für viele vielleicht etwas irritierend sein mag, ist die Tatsache, dass World Vision sich als christliches Hilfswerk versteht. «In der Entwicklungsarbeit ist das jedoch von grossem Vorteil, weil wir gerade in Drittweltländern als religionsbasierte Organisation von den lokalen religiösen Respektpersonen ernstgenommen werden und sie gerne mit uns zusammenarbeiten.»

«Wie man ‹Gott› dann nennt, ist zweitrangig.» Schliesslich seien die christlichen Werte wie Nächstenliebe oder die Fürsorge für Ärmere in anderen Religionen gleich. «Die Religion spielt eine so wichtige Rolle, dass es für die Bevölkerung viel unverständlicher ist, an gar nichts zu glauben anstatt an einen anderen Gott.»
Religiöse Respektführer
Durch die Zusammenarbeit mit religiösen Respektführern wie beispielsweise einem Imam kann das Wissen rund um das Virus auch in die kleinsten und abgelegensten Dörfer getragen werden. Da die Information von einer anerkannten Persönlichkeit komme, werde sie auch auf- und ernst genommen.
Bei der letzten Ebola-Epidemie 2014 in Westafrika habe man rund 80’000 solcher Respektpersonen mobilisiert. «Man hat den Leuten zum Beispiel erklärt, dass man Erkrankte nicht anfassen darf.» Das Vertrauen in die örtlichen Vertreter sei viel grösser, als wenn man als Schweizer in diese Regionen reisen würden. «In der Religion mag man also vielleicht getrennt sein, im Ziel, den ärmsten und bedürftigsten Menschen zu helfen, ist man jedoch vereint.»