Fast jedes zweite Kind braucht Sprachförderung
Die Sprachstanderhebung zeigt: 45 Prozent der Kinder in Dübendorf brauchen vor dem Kindergartenstart Förderung in Deutsch – doch viele erhalten sie bereits.

Wie die Stadt Dübendorf berichtet, weisen rund 45 Prozent der Kinder 1,5 Jahre vor dem Kindergarteneintritt einen Förderbedarf in der deutschen Sprache auf. Dies zeigen die Ergebnisse der ersten systematischen Sprachstanderhebung.
Positiv hervorzuheben ist, dass zum Zeitpunkt der Erhebung die Hälfte der Kinder mit Förderbedarf bereits eine Kinderkrippe oder Spielgruppe besucht und somit von einer qualitativ guten sprachlichen Förderung profitiert.
Im Januar 2025 führte die Stadt Dübendorf erstmals eine Sprachstanderhebung bei Kindern im Alter zwischen 2,5 Jahren und knapp 4 Jahren durch. Ziel war, frühzeitig zu erkennen, ob ein Kind Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache benötigt, um im Kindergarten gut mitmachen zu können.
Eltern liefern wichtige Einschätzungen
Alle Eltern, deren Kind im August 2026 in den Kindergarten kommt, erhielten einen Brief von der Bildungslandschaft Dübendorf mit der Bitte, einen Online-Fragebogen zum Sprachstand ihrer Kinder auszufüllen. Eltern, die zu Hause vorwiegend Deutsch oder Schweizerdeutsch sprechen, konnten nach den Angaben zur Sprachbiografie des Kindes und der Familie den Abschnitt mit der Spracheinschätzung überspringen.
Die übrigen Eltern schätzten die deutschen Sprachkenntnisse ihres Kindes anhand von Verben und einfachen Sätzen ein. Sie machten auch Angaben darüber, ob und wie häufig ihr Kind Kontakt zur (schweizer-)deutschen Sprache hat und ob ihr Kind bereits eine frühkindliche Einrichtung besucht.
Hohe Beteiligung bei der Befragung
Die Stadt Dübendorf führt die Sprachstanderhebung in Zusammenarbeit mit der Universität Basel durch, die den sogenannten Basler-Fragebogen im Jahr 2008 konzipiert und seither weiterentwickelt hat. Seit 2020 ist der Fragebogen online in 14 Sprachen verfügbar.
Mittlerweile setzen 260 Gemeinden in 15 Kantonen dieses Instrument ein. Der Basler-Fragebogen ermöglicht eine verlässliche Erfassung der bildungssprachlichen Kompetenzen von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache.
Die langjährigen Erfahrungen der Universität zeigen, dass die Eltern die Einschätzung wahrheitsgetreu vornehmen. Die Bildungslandschaft schrieb 341 Familien an und verschickte zwei Erinnerungen. Insgesamt wurden 317 Fragebögen ausgefüllt.
Viele Kinder mit Förderbedarf bereits betreut
Unter Berücksichtigung der Wegzüge und Privateinschulungen verbleiben lediglich neun Familien, die den Fragebogen nicht ausgefüllt haben. Die Rücklaufquote in Dübendorf beträgt gut 97 Prozent, was einem Spitzenwert entspricht.
Nach der Auswertung durch die Universität Basel erhielten 144 der 317 Kinder eine Empfehlung für eine deutsche Sprachförderung, was 45 Prozent aller Kinder entspricht. Jedoch besucht die Hälfte dieser Kinder bereits eine Einrichtung: 50 Kinder werden in einer Kita, 26 weitere in einer Spielgruppe und 2 Kinder werden von einer deutschsprachigen Tagesmutter betreut.
65 Kinder (19,5 Prozent) haben einen Sprachförderbedarf und besuchen derzeit noch keine Einrichtung. Einige Eltern vermerkten jedoch in der Umfrage, dass ihr Kind nach den Sommerferien eine Spielgruppe oder Kita besuchen wird.
Frühe Förderung wird gezielt vermittelt
Mitte Mai haben alle teilnehmenden Eltern eine Rückmeldung über das Sprachstandergebnis ihres Kindes mit Informationen zum weiteren Vorgehen erhalten. Zudem werden sich die Brückenbauerinnen in den nächsten Wochen bei den Eltern der Kinder mit Sprachförderbedarf melden.
Die interkulturellen Vermittlerinnen werden die Eltern auf die Wichtigkeit der frühen Förderung hinweisen. Bei Bedarf vereinbaren sie ein persönliches Gespräch, um gemeinsam mit den Eltern passende Lösungen zu finden.
Für die Beratungsgespräche stehen auch die Mitarbeiterinnen der Bildungslandschaft zur Verfügung. Wünschenswert wäre, dass alle Kinder, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend Deutsch sprechen oder verstehen, nach den Sommerferien eine Kita oder Spielgruppe besuchen. Ziel ist es, alle Familien über die Bedeutung der Sprache für einen erfolgreichen Bildungsweg ihres Kindes zu sensibilisieren.
Studie misst Sprachfortschritt spielerisch
Die Universität Basel wird in Dübendorf in den Schuljahren 2026/2027 und 2027/2028 eine Wirksamkeitsstudie durchführen. Erfreulicherweise haben sich 89 Familien für die Teilnahme angemeldet, 79 weitere wünschen zusätzliche Informationen.
Im Rahmen der Studie wird der sprachliche Stand der Kinder auf spielerische Weise zu zwei Zeitpunkten erfasst: zu Beginn und am Ende des Schuljahres. So kann der sprachliche Fortschritt innerhalb eines Jahres gemessen werden.
Die Sprachstandserhebung ist Teil des Pilotprojekts «Sprachstanderhebung und Sprachförderung», das vom 1. Juli 2024 bis zum 31. Dezember 2028 läuft. Es wurde infolge der Motion von Angelika Murer Mikolasek aus dem Jahr 2021 mit dem Titel «Verbesserung der Deutschkenntnisse beim Kindergarteneintritt und in der Volksschule» ausgearbeitet. Mit der Durchführung des Projekts ist die Bildungslandschaft Dübendorf beauftragt.