André Csillaghy, Präsident der SP-Fraktion im Gemeinderat Dübendorf, kritisiert die Stadtplanung im neuen Quartier Hochbord.
André Csillaghy (SP)
André Csillaghy, Präsident der SP-Fraktion im Gemeinderat Dübendorf - ZVG
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Wenn Sie mit dem Zug nach Dübendorf kommen, steigen Sie doch einmal im Bahnhof Stettbach aus. Er liegt genau auf der Grenze Zürich-Dübendorf. Hier wechseln Sie zwischen zwei diametral verschiedenen Welten. Einerseits die grösste Stadt der Schweiz, andererseits eine Stadt mit beinahe 30’000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die gerne noch ein Dorf sein möchte. Aber die es nicht mehr kann.

Am Bahnhof Stettbach beginnt die Agglo, abrupt und ohne Vorwarnung. Nicht nur geographisch, auch politisch. Hier wechseln die parlamentarischen Mehrheiten drastisch. Sie betreten eine bürgerliche Stadt, wo auch diejenigen Parteien, die sich national eher in der Mitte positionieren, klar rechts politisieren.

Quartier Hochbord Dübendorf
Quartier Hochbord Dübendorf - ZVG

Verlassen Sie den Bahnhof und spazieren Sie entlang der Bahngeleise. Sie werden eine Sicht auf das neue Quartier Hochbord bekommen. Agglo, wie man es sich vorstellt: der höchste Wohnturm neben einem Salatfeld, verdichtete Siedlungen an Autobahneinfahrten, Tramhaltestellen mitten im Feld. Profitieren Sie noch, diesen Kontrast zu erleben, bald ist es vorbei. Im Hochbord ist bald alles überbaut.

Keinen Lockdown leisten

Parzellen werden so teuer verkauft, dass die Steuereinnahmen der Gemeinde nach oben schnellen. Entsprechend kennt die Bautätigkeit in Dübendorf keine Corona-Krise: Es wurde den ganzen Frühling durchgearbeitet, 6 Tage in der Woche. Der 25 Stockwerke hohe «Giessen»-Turm eröffnet im Dezember, und alle Wohnungen sind schon längst vermietet. Man kann sich keinen Lockdown leisten.

Quartier Hochbord Dübendorf
Quartier Hochbord Dübendorf - ZVG

Dübendorf tut sich schwer mit seinem neuen Quartier. Die Stadt wirkt überfordert. Für die neuen Bewohnerinnen und Bewohner des Hochbords – mehrere tausend – wurden weder Schulen noch andere städtische Infrastrukturen geplant. Die Kinder aus den neuen Türmen müssen lange Wege auf sich nehmen, um in die existierenden Schulen zu gehen, die bereits aus allen Nähten platzen. Die Sportanlagen und das Kulturzentrum Obere Mühle liegen mehrere Kilometer weit entfernt am anderen Rand der Stadt.

Ort für Schule finden

Dübendorf rief Käuferinnen und Mieter, aber es kommen Menschen. Diese werden das neue Quartier zum Leben bringen, aber auch Erwartungen an ihren neuen Wohnort haben. Sie zahlen hier ja auch Steuern. Auch wenn wir kaum Einfluss auf die Immobilienspekulation nehmen können, müssen wir den aktuellen materialistischen Plan ergänzen und die Menschen ins Zentrum stellen: ein Quartierzentrum, eine Verkehrsplanung, die das neue Quartier nicht in Stücke schneidet, bezahlbare Wohnungen, ein Freizeit-, Beratungs- und Kulturangebot. Vieles ist leider schon verbaut. Eine menschlich-orientierte Stadtplanung hätte es schon vor 20 Jahren gebraucht. Jedoch ist es nie zu spät. Verschiedene Anpassungen können noch gemacht werden. Als erstes muss ein Ort für eine Schule gefunden werden, auch wenn es heute teurer ist als vor 20 Jahren.

Quartier Hochbord Dübendorf
Quartier Hochbord Dübendorf - ZVG

Die Stadt wächst weiter. Die erhöhte Dichte wird spürbar, obwohl erst zwei der vielen geplanten Wohntürme stehen. Es ist dringend, dass die Stadt die notwendigen städteplanerischen Korrekturmassnahmen einleitet, um die fehlende menschenorientierte Infrastruktur zu realisieren. Hoffentlich engagieren sich auch die neuen Bewohnerinnen und Bewohner für ihr neues Zuhause. Sie werden dazu beitragen, eine lebendige und freundliche Stadt für die Zukunft zu gestalten. Und den Spaziergang von Stettbach durch das Hochbord trotz, oder sogar dank der neuen Türme, immer mehr geniessen.

Es ist nicht zu spät, aber es ist fünf vor zwölf.

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