Die Justizkrise am Bündner Kantonsgericht ist noch immer nicht ausgestanden. Gerichtspräsident Norbert Brunner musste einen Verweis wegen einer Amtspflichtverletzung einstecken.
Kantonsgericht Graubünden
Das Kantonsgericht von Graubünden an der Poststrasse 14 in Chur. - Keystone
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Die Kommission für Justiz und Sicherheit des Grossen Rates schloss ein Aufsichtsverfahren mit einem Verweis an Gerichtspräsident Norbert Brunner ab, wie sie am Dienstag mitteilte. Das Verfahren gegen Brunner war wegen der unsachgemässen Behandlung eines Erbstreits eingeleitet worden.

Der Gerichtspräsident hatte sich wiederholt gegen das Verfahren der Aufsicht gewehrt, jedoch erfolglos. Zuerst reichte er ein Ausstandsbegehren gegen alle Mitglieder der Kommission ein. Nach dessen Ablehnung durch den Grossen Rat gelangte er mit einer Beschwerde ans Verwaltungsgericht. Dort blitzte Brunner beim Instruktionsrichter ab. Auch diesen Entscheid focht er beim Verwaltungsgericht an.

Die grossrätliche Kommission für Justiz und Sicherheit nahm ihre aufsichtsrechtliche Tätigkeit nach dem Entscheid des Instruktionsrichters am Verwaltungsgericht wieder auf und schloss sie mit dem Verweis an Brunner ab. Von einer schärferen Sanktion wurde abgesehen, weil sich der Gerichtspräsident in seiner langjährigen Tätigkeit keine weitere Amtspflichtverletzungen hatte zu Schulden kommen lassen.

Norbert Brunner präsidiert das Kantonsgericht Graubünden noch bis Ende Jahr. Danach geht er in Pension. Vorher, vermutlich in der Dezembersession, wird sich der Grosse Rat noch mit einem Gesuch um Amtsenthebung gegen Brunner beschäftigen. Eingereicht hat den entsprechenden Antrag Kantonsrichter Peter Schnyder.

Schnyder ist derjenige Richter, der die Justizkrise am Kantonsgericht Anfang Jahr ins Rollen brachte. Er warf dem Präsidenten vor, das Urteil im Erbstreit nachträglich und eigenmächtig abgeändert zu haben. Dadurch soll eine am Prozess gar nicht beteiligte Person eine sechsstellige Geldsumme erhalten haben. Brunner selber bestreitet diese Darstellung und glaubt, alles korrekt abgehandelt zu haben.

Licht in diese Angelegenheit bringen soll eine externe Untersuchung durch den Zürcher Staatsanwalt Andrej Gnehm. Eine Strafuntersuchung gegen den Gerichtspräsidenten wurde eröffnet.

Das Kantonsparlament ging die Justizkrise im August mit einer personellen Bereinigung an. Es wählte einen neuen Präsidenten, Remo Cavegn, den Fraktionschef der CVP im Grossen Rat. Richter Peter Schnyder wurde von seiner Partei, der BDP, fallen gelassen und vom Grossen Rat nicht mehr im Amt bestätigt.

Die Kommission für Justiz und Sicherheit hatte die Nichtwahl Schnyders dem Parlament empfohlen. Als Begründung hiess es, Schnyders ausgeprägter Individualismus und sein Beharren auf der eigenen Meinung seien unverträglich mit der Arbeit in einer Kollegialbehörde.

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