Erstmals konnten Forschende unter Beteiligung der Universität Bern zeigen, dass phosphorhaltige Moleküle sich in den Entstehungsgebieten von Sternen bilden und wohl mit Kometen auf die Erde gelangten.
Milchstrasse
Die überwältigende Milchstraße über den Antennenschüsseln des ALMA-Observatoriums. Dort oben könnten sich noch 36 weitere Zivilisationen befinden. - Universität Bern, Y. Beletsky (LCO)/ESO

Neue Sterne und Planetensysteme entstehen in wolkenähnlichen Regionen aus Gas und Staub zwischen Sternen. So sind diese interstellaren Wolken der ideale Ort, um mit der Suche nach den Bausteinen des Lebens zu beginnen.

«Leben entstand vor etwa 4 Milliarden Jahren auf der Erde, aber wir wissen immer noch nicht, welche Prozesse dies überhaupt möglich gemacht haben», sagt der Hauptautor der aktuellen Studie, Víctor Rivilla vom Nationalen Institut für Astrophysik INAF in Florenz. Die Studie, die in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht wurde, zeigt, dass Phosphormonoxid ein Schlüsselteil im Puzzle der Entstehung des Lebens ist.

Beteiligt an der Studie waren auch Forschende der Universität Bern, unter anderen die emeritierte Professorin Kathrin Altwegg vom Physikalischen Institut und Maria Drozdovskaya vom Center for Space and Habitability (CSH).

Blick mit Riesenteleskop dorthin, wo Sterne entstehen

Auf der Hochebene Chajnantor in der chilenischen Atacama-Wüste betreibt die Europäische Südsternwarte ESO gemeinsam mit internationalen Partnern das Riesenteleskop Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array ALMA. Die Beobachtungsstation besteht aus 66 Präzisionsantennen, die zu einem sogenannten Interferometer-Radioteleskop zusammengeschaltet werden.

ALMA erlaubt einen detaillierten Blick in die Sternentstehungsregion AFGL 5142. Die ALMA-Beobachtungen zeigten nun erstmals, dass sich phosphorhaltige Moleküle wie etwa Phosphormonoxid bilden, wenn neue Sterne entstehen.

Maria Drozdovskaya erklärt: «Gasflüsse von jungen massereichen Sternen öffnen Hohlräume in den interstellaren Wolken, und entlang der Wände dieser Hohlräume entstehen dank fotochemischer Prozesse phosphorhaltige Moleküle». Die Forschenden konnten auch zeigen, dass Phosphormonoxid das dort am häufigsten vorkommende phosphorhaltige Molekül ist.

In den Regionen, wo neue Sterne entstehen kann das Phosphormonoxid ausfrieren und im Eis, das die Staubkörner in der interstellaren Wolke umgibt, gefangen werden. Noch bevor sonnenähnliche Sterne voll ausgewachsen sind, verbinden sich die eisigen Staubkörner zu Kieselsteinen, zu Bausteinen von Planeten als auch zu Kometen.

Interstellare Reise von den Sternen über Kometen bis zur Erde

Um die interstellare Reise von Phosphormonoxid zu verfolgen, kombinierten die Forschenden die ALMA-Daten mit Daten des Berner Massenspektrometers ROSINA, das an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta Daten des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gesammelt hatte. Kathrin Altwegg, die leitende Forscherin von ROSINA und Ko-Autorin der neuen Studie, erklärt: «Wir hatten zuvor in den ROSINA-Daten Hinweise auf Phosphor gefunden, wussten aber nicht, welches Molekül den Phosphor zum Kometen gebracht hatte.»

Auf einer Konferenz sei sie von einer Astronomin, die mit ALMA Entstehungsgebiete von Sternen untersucht, angesprochen worden: «Die Forscherin sagte, dass Phosphormonoxid ein sehr wahrscheinlicher Kandidat wäre; also ging ich zurück zu unseren ROSINA-Daten, und da war es!» «Phosphor ist essenziell für das Leben, wie wir es kennen», fügt Altwegg hinzu. «Kometen haben höchstwahrscheinlich grosse Mengen an organischen Verbindungen zur Erde gebracht. Die Dokumentation der Reise von Phosphormonoxid stärkt diese Verbindung zwischen Kometen und dem Leben auf der Erde

Die interstellare Reise des Phosphormonoxids aus den Sternenentstehungsgebieten bis zur Erde konnte dank interdisziplinärer Zusammenarbeit dokumentiert werden, wie Altwegg betont: «Der Nachweis von Phosphormonoxid war nur möglich dank der Kombination von ESO-Daten vom Teleskop ALMA am Boden mit solchen von ESA-Daten vom ROSINA-Instrument im Weltraum.»

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