Der Berner Stadtrat ist sich uneins, ob die Mittagsruhe ersatzlos aus dem Lärmreglement gestrichen werden soll. Die einen halten die Regelung für nach wie vor sinnvoll, die anderen für einen alten Zopf.
Berner Stadtrat
Der Berner Stadtrat. (Symbolbild) - keystone

Das zeigte sich am Donnerstagabend bei der ersten Lesung des neuen Lärmreglements. Entscheide sind noch keine gefallen.

Der Gemeinderat hat das Reglement von 1961 entrümpelt und einige Bestimmungen aufgehoben, die aus der Zeit gefallen sind. So wurde beispielsweise Artikel 9 gestrichen, wonach bei der Handhabung von Milchkannen übermässiger Lärm zu vermeiden ist.

Ebenfalls streichen möchte die Stadtregierung die Mittagsruhe, die heute von 12.00 bis 13.30 Uhr gilt. Lärmige Garten- und Haushaltarbeiten sollen demnach künftig auch zur Mittagszeit möglich sein. Untersagt bleibt Baulärm, doch ist dies bereits im Baulärmreglement festgehalten.

Die Tradition erhalten möchte die GFL/EVP-Fraktion. Die Menschen hätten ein Ruhebedürfnis und sollten zumindest zwischen 12 und 13 Uhr vom Lärm von Rasenmähern und Laubbläsern verschont bleiben. Die meisten anderen Gemeinden hätten nach wie vor eine Mittagsruhe definiert.

Verschiedene Votanten äusserten Sympathie fürs Anliegen. Bei den Fraktionsvoten gab es aber auch Stimmen, den «alten Zopf» endlich abzuschneiden. Florence Schmid als Sprecherin der FDP/JF-Fraktion bezeichnete die Mittagsruhe gar als «furchtbar bünzlig und altmodisch».

Nach heute geltendem Recht ist «jede lärmige Gartenarbeit» zur Mittagsstunde untersagt, ebenso «das Ausklopfen von Teppichen, Möbeln und Betten».

Nur wenig zu reden gaben im Stadtrat einige weitere Neuerungen im Lärmreglement. So ist unbestritten, dass die Public-Viewing-Bestimmungen für Wirte vereinfacht werden sollen. Wie die Regelung genau ausgestaltet werden soll, ist noch offen.

Der Gemeinderat schlägt eine weitgehende Liberalisierung vor: Wirte sollen gar keine Bewilligung mehr einholen müssen, wenn sie ihren Gästen im Freien einen Fussballmatch am Fernsehen zeigen wollen.

Bewilligungsfrei ist künftig die Übertragung von Sportanlässen, wobei der Gemeinderat in erster Linie an Europa- und Weltmeisterschaften denkt sowie an Spiele bernischer Sportklubs. Spätestens um 00.30 Uhr muss der Fernseher abgeschaltet werden.

Neu geregelt wird auch die Nachtruhe. Sie soll um eine Stunde nach hinten verlegt werden und künftig um 23 Uhr beginnen. Damit soll den veränderten Gepflogenheiten - jedenfalls in corona-freien Zeiten - Rechnung getragen werden. Das Ruhebedürfnis der Bevölkerung werde mit acht Stunden Nachtruhe bis 7 Uhr weiterhin genügend geschützt.

Die Jungparteien im Stadtrat möchten noch einen Schritt weitergehen. Sie fordern, dass die Nachtruhe am Freitag und Samstag erst um 24 Uhr beginnt. Viele Menschen gingen am Wochenende später ins Bett, machen sie geltend.

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