Kanton Bern: Mehrheitsbeteiligung an der Berner Kantonalbank
Wie der Kanton Bern berichtet, erfordert ein Verzicht an der Mehrheitsbeteiligung an der Berner Kantonalbank eine Verfassungsänderung.

Gestützt auf einen politischen Vorstoss aus dem Grossen Rat hat der Regierungsrat des Kantons Bern bei Prof. Dr. Giovanni Biaggini, Ordinarius für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich, ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
Mit diesem sollte die Frage beantwortet werden, ob sich der Kanton Bern von seiner Aktienmehrheit an der Berner Kantonalbank (BEKB) trennen kann, wenn Artikel 53 der Kantonsverfassung unverändert beibehalten wird.
In Artikel 53 der Kantonsverfassung wird unter anderem festgehalten, dass der Kanton zur Förderung der volkswirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eine Bank betreibt.
Der Regierungsrat hat die Ergebnisse des Rechtsgutachtens sowie seine Haltung zu einer allfälligen Reduktion der kantonalen Beteiligung an der BEKB auf unter 50 Prozent des Aktienkapitals in einem Bericht an den Grossen Rat festgehalten und diesen in seiner Sitzung vom 16. August 2023 verabschiedet.
Gutachten führt zu neuer Ausgangslage
Das Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass ohne eine vorgängige Revision von Artikel 53 der Kantonsverfassung der Kanton seinen Mehrheitsanteil nicht auf unter 50 Prozent reduzieren kann.
Demnach wäre für einen allfälligen Verzicht auf den kantonalen Mehrheitsanteil an der BEKB eine Volksabstimmung nötig, die politische Hürde liegt damit sehr hoch.
Nach Auffassung des Regierungsrates hat sich mit Vorliegen des Rechtsgutachtens eine neue politische Ausgangslage in Bezug auf die kantonale Beteiligung an der BEKB ergeben.
Bislang war nicht abschliessend klar, ob eine allfällige Reduktion des kantonalen Mehrheitsanteils an der BEKB auf unter 50 Prozent zwingend eine Verfassungsänderung und somit eine Volksabstimmung bedingen würde oder nicht. Diese Frage ist nun geklärt.
Rahmenbedingungen haben sich erheblich verändert
Eine neue Ausgangslage besteht nach Meinung des Regierungsrates in der Zwischenzeit aber auch in Bezug auf die aktuellen Rahmenbedingungen der BEKB bzw. der Finanzinstitute ganz generell.
Die Turbulenzen rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS haben die Rahmenbedingungen auf dem Finanzplatz Schweiz in kürzester Zeit erheblich verändert und die Bevölkerung verunsichert.
Zwar haben sich die Wogen mittlerweile wieder etwas geglättet. Für den Regierungsrat steht jedoch ausser Frage, dass das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz gelitten hat.
Veränderungen am Beteiligungsanteil an der BEKB würden auf Skepsis stossen
Gleichzeitig bestehen immer noch viele offene Fragen.
Auf Bundesebene wird deshalb eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) die Geschehnisse rund um die Übernahme der Credit Suisse politisch umfassend aufarbeiten.
Für den Regierungsrat ist klar, dass in einem solchen Umfeld jegliche Veränderungen am Beteiligungsanteil des Kantons an der BEKB in der Bevölkerung auf grosse Skepsis stossen und bei den über 50'000 Aktionären der BEKB Unsicherheiten auslösen würden.
Verlässliche, stabile und berechenbare Verhältnisse sind wichtig
Der BEKB ist es gelungen, seit ihrer Krise Anfang der Neunzigerjahre mit einer kohärenten und glaubwürdigen Strategie viel Vertrauen aufzubauen.
Dieses stellt letztlich das wichtigste Kapital eines Finanzinstituts dar.
Umso wichtiger sind nach Auffassung des Regierungsrates auch in Zukunft verlässliche und sowohl für die Kunden, Aktionäre wie auch für die Mitarbeitenden stabile und berechenbare Verhältnisse.
Regierungsrat lehnt Verzicht auf kantonale Mehrheitsbeteiligung an der BEKB ab
Dazu gehört auf der einen Seite eine klare Trennung der politischen und unternehmerischen Verantwortlichkeiten.
So verzichtet der Kanton auf eine Vertretung im Verwaltungsrat der BEKB.
Auf der anderen Seite erwartet der Regierungsrat von der BEKB eine vorsichtige, nachhaltige und verantwortungsvolle Geschäfts- und Risikopolitik.
Somit sprechen aus Sicht des Regierungsrates weiterhin viele Gründe dafür, die kantonale Mehrheitsbeteiligung an der BEKB beizubehalten.
Der Kanton Bern nimmt eine Vorreiterrolle ein
Hinzu kommt, dass der Kanton Bern in Bezug auf die Rahmenbedingungen seiner Beteiligung an der BEKB im interkantonalen Vergleich bereits heute in verschiedenen Punkten eine Vorreiterrolle einnimmt.
Der Regierungsrat erkennt demzufolge derzeit keinen Handlungsdruck an der Höhe beziehungsweise der Form der Beteiligung eine Anpassung vorzunehmen.