Wie geht es dem lokalen Gewerbe in Zeiten von Corona?
Die Corona-Krise hat vielen lokalen Geschäften und KMU zugesetzt. Reto Kaser, Präsident Gewerbeverein Aaretal und Martin Hodler, Präsident KMU Belp im Gespräch.

In den letzten Wochen hörte man immer wieder von lokalen Unternehmen oder Restaurants, die aufgrund der Pandemie schliessen mussten. Doch das «Lädelisterben» auf dem Land war auch vor Corona bereits aktuell.
Ende 2019 veröffentlichte der Informationsdienst CRIF eine Studie zum Ladensterben in der Schweiz. Darin kam man zum ernüchternden Schluss, dass in den letzten zehn Jahren knapp 32'000 Läden im Schweizer Detailhandel verschwanden. Der Kanton Bern lag schweizweit auf Platz drei der meisten Geschäftslöschungen.
Doch wie sieht das Bild lokal aus? Wie geht es dem Gewerbe in Belp und im Aaretal? Nau.ch hat bei Reto Kaser, Präsident Gewerbeverein Aaretal und Martin Hodler, Präsident KMU Belp nachgefragt.
Nau.ch: Herr Hodler, sehen Sie in Ihrer Region einen Trend hin zum Verschwinden von kleinen, lokalen Unternehmen und Läden?
Martin Hodler: Ganz klar, ja. An der Bahnhofstrasse in Belp stehen zum Beispiel Lokale seit etwa zwei Jahren immer wieder lange Zeit leer.
Nau.ch: Wie erklären Sie sich diesen Trend?
Martin Hodler: Ich denke, dies hat hauptsächlich mit den Onlineshops zu tun. Hinzu kommt, dass viele Belper*innen in Bern oder Thun arbeiten und dort vom grösseren Verkaufssortiment profitieren.
Nau.ch: Herr Kaser, sehen Sie dies in der Region Münsingen gleich?
Reto Kaser: Kleinunternehmen haben immer eine Chance am Markt, da sie flexibler sind als die Grossen. Für den Detailhandel ist dies aber sicherlich schwieriger.

Die Bevölkerung geht leider zu oft zu den Grossverteilern, wo sie alles aus einer Hand erhalten, oder bestellen im Internet. Viele denken egoistisch und nicht an die Zukunft der Region. Das ist sicherlich das grösste Problem.
Trotzdem sehen wir im Aaretal noch keinen starken Trend zum Ladensterben. Das Aaretal ist gut aufgestellt und die Firmen kämpfen erfolgreich für das weitere Bestehen.
Nau.ch: Hat die Corona-Krise die Situation für Kleinunternehmer noch verschärft oder haben sich die Leute eher wieder auf das Lokale besonnen?
Martin Hodler: Ich denke, dass die Leute nun noch mehr im Internet einkaufen. Wir beobachten aber auch, dass die Belper Bevölkerung wieder mehr in Belp statt in Bern oder Thun einkauft. Dieses Feedback haben wir auch von vielen Verkaufsgeschäften in Belp erhalten. Das Lokale wird wieder bewusster wahrgenommen.
Reto Kaser: Zu Beginn der Corona-Krise konnten einige Betriebe profitieren, da wieder viel regional eingekauft wurde. Nach dem Lockdown fielen aber viele schnell wieder in die alten Gewohnheiten zurück und gingen wieder vermehrt zum Grossverteiler. Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier – leider.