Der Bundesrat will den Selbstversorgungsgrad der Landwirtschaft reduzieren, um die Umwelt zu schonen. Bei den Bauern kommt das schlecht an.
BODENNUTZUNG, LANDWIRTSCHAFT Klimawandel
Ein Landwirt bewässert einen Acker bei Lyss BE. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit der Agrarpolitik 2022+ will der Bundesrat mehr Umweltschutz durchsetzen.
  • Bauern kritisieren, dass dadurch mehr auf Importe zurückgegriffen werden muss.
  • Pro Natura hält die Schweizer Landwirtschaft aktuell für viel zu intensiv.

Christian Hofer hat die Debatte um Versorgungssicherheit neu angeheizt. Im Interview mit der «NZZ» erklärte der Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft diese Woche: «Punktuell kann es Sinn ergeben, dass wir mehr importieren. Weil wir so die Umwelt schonen.»

Hofer stellte klar, dass die Schweiz zu wenige Land habe, um sich selbst zu versorgen. Und: «Die Krise hat gezeigt, dass unsere Strategie der Versorgungssicherheit funktioniert.» Man müsse mit dem wenigen Land, das man habe, sorgfältig umgehen. «Wenn die Landwirtschaft so intensiv weiterproduziert wie heute, ist die Versorgungssicherheit mittel- und längerfristig gefährdet.»

Der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, Christian Hofer, hält die reine Selbstversorgung der Schweiz für eine Illusion und will die Kooperationen mit dem Ausland weiterhin hochhalte
Der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, Christian Hofer, hält die reine Selbstversorgung der Schweiz für eine Illusion und will die Kooperationen mit dem Ausland weiterhin hochhalte - sda - KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Klare Worte, die beim Bauernverband schlecht ankommen. Sprecherin Sandra Helfenstein ist mit Hofer zwar einig, dass die Schweiz sich nicht vollständig selber versorgen kann. «Umso wichtiger scheint es uns deshalb, dass wir zur nachhaltigen, einheimischen Produktion Sorge tragen und die Abhängigkeit nicht noch vergrössern.»

Schweizer verursachen im Ausland viel CO2

Wenig Sinn mache es, die Produktion in der Schweiz immer mehr zu extensivieren. «Um dann umso mehr Lebensmittel zu importieren, die unter viel schlechteren Bedingungen hergestellt wurden.» Helfenstein hält fest, dass bereits heute ein Grossteil unseres konsumbedingten Umweltabdruckes im Ausland anfalle.

Für den Bauernverband ist klar: «Die Schweizer Landwirtschaft produziert nicht zu intensiv. Wir haben verschiedene Hebel und Gesetze, die genau das verhindern.»

Anders sieht es Pro Natura. «Die ökologische Leistung der Schweizer Landwirtschaft ist ungenügend», sagt Sprecherin Franziska Rosenmund. Gemäss der Umweltschutzorganisation ist die Produktion «viel zu intensiv».

Pestizid
Ein Landwirt fährt am späten Abend mit einer Pestizid- und Düngerspritze über ein Feld (Symbolbild). - dpa

Das habe spürbare Konsequenzen, sagt Rosenmund: «Nährstoffe gelangen in die Luft und schädigen Wälder und Moore. Pestizide belasten Gewässer und Trinkwasser. Zu viel Dünger schädigt das Klima durch die entstehenden Lachgase.»

Schweizer Fleisch mit Importfutter

In der Schweiz sei insbesondere die tierische Produktion im Vergleich zur Verfügung stehenden Fläche zu hoch. «Die heutige sehr intensive Produktion gerade beim Geflügel, Schweine- und Rindfleisch ist nur möglich, weil massiv Futtermittel aus dem Ausland importiert wird.»

Der Bundesrat gibt mit der Agrarpolitik 2022+ den Forderungen der Umweltschützer nach. Doch um die Böden zu entlasten, dürfte der Selbstversorgungsgrad von 56 auf 52 Prozent sinken.

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