Die Preise für Baumwolle sind so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Inzwischen ist der Preisgipfel zwar überwunden, Kleider und andere Textilien dürften aber dennoch teurer werden.
Baumwolle
Sichtprüfung einer Baumwollfaser. (Symbolbild) - dpa

Anfang Februar stieg der Preis für die weissen Wölkchen auf ein Mehrjahreshoch von fast 130 US-Cent pro Pfund. Inzwischen hat er sich wieder etwas zurückgebildet und aktuell kostet das Pfund noch 120 Cent.

Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Baumwollpreis um einen Drittel höher. Damit hat er sich - jedenfalls bis zum Beginn des Ukrainekriegs, der die Rohstoffmärkte gerade massiv durchschüttelt - stärker verteuert als Rohstoffe wie Mais, Weizen oder Sojabohnen. Seit Beginn der Coronapandemie, als die weltweiten Finanzmärkte einen Einbruch erlitten, hat sich der Baumwollpreis sogar mehr als verdoppelt.

Der rasche wirtschaftliche Aufschwung auf der Welt hat für eine erhöhte Nachfrage nach Baumwolle gesorgt, sagt Rohstoffanalystin Parkhi Vats vom International Cotton Advisory Committee, dem Verband der baumwollproduzierenden Länder, auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Nach den coronabedingten Schliessungen wurden die Maschinen sehr schnell wieder hochgefahren und auf einmal brauchten die Fabriken in Ländern wie China, Indien, Pakistan, Bangladesch und der Türkei - den fünf grössten Verarbeitern von Baumwolle - wieder ganz viel Rohmaterial.

Dazu kamen laut Vats die staatlichen Konjunkturförderprogramme. «Das sorgte für reichlich finanzielle Liquidität und kurbelte die Ausgaben der Konsumenten für Waren wie Kleider an», sagt Vats.

Gemäss dem Commerzbank-Analysten Carsten Fritsch sorgte aber auch der Höhenflug der Erdölpreise bei den Baumwollpreisen für Auftrieb. Denn Öl ist der Rohstoff für synthetische Fasern. Und diese stehen in direkter Konkurrenz zum weichen, weissen Naturmaterial. Werden sie teurer, greifen die Produzenten eher zu Baumwolle oder Mischgewebe und umgekehrt.

Dass die Baumwollpreise so stark gestiegen sind, führt Carl Illi, Präsident des Verbandes Swiss Textiles, nebst der erhöhten Nachfrage aber noch auf weitere Einflussfaktoren zurück: Die Ernten waren teilweise schlecht und die Lagerbestände sind tief.

Dazu kommen wie so oft bei Agrarrohstoffen noch Wettersorgen. «Im Westen von Texas und in Oklahoma ist es deutlich zu trocken, was Probleme für die Aussaat im Frühjahr geben könnte, sollte es bis dahin nicht hinreichend Niederschläge geben», so Fritsch. Die USA sind nach Indien und China drittgrösster Baumwollproduzent der Welt.

Weiter kommen die Teuerung bei Transportkosten auf dem Land und auf dem Wasser, fehlende Schiffscontainer und hohe Energiepreise dazu. «Man kann auch von spekulativen Einflüssen ausgehen, da sich der weltweite Konsum kaum verdoppelt hat», so Illi.

«Die Differenz der Vormaterialien ist so gross, dass dies nur mit Preisanpassungen aufgefangen werden kann», resümiert Illi, der auch die Firma CWC Textil führt, die mit Baumwollgarnen handelt. Die Preise müssten auf allen Herstellungsstufen angehoben werden, sagt er.

Und das wird sich am Ende auf dem Preisschild zeigen, wenn man im Laden etwa eine neue Bluse oder ein neues Hemd kaufen will. «Da alle Produzenten weltweit Preise erhöhen müssen, sowie alle Nebenkosten teurer sind, wird schlussendlich der Konsument mehr bezahlen müssen», so Illi. Dieser Prozess sei teilweise schleichend. Wie hoch diese Preissteigerungen sind, ist laut dem Verband allerdings schwierig zu beziffern, weil Textilprodukte sehr unterschiedlich sind und sich höhere Preise bei manchen besser, bei anderen weniger gut durchsetzen lassen.

Im Februar dürfte die Produktion von Baumwolle laut dem amerikanischen Departement für Landwirtschaft USDA wegen geringerer Ernteerträge in Indien und Tansania leicht (-0,66%) gesunken sein, während der Verbrauch praktisch unverändert blieb (-0,15%). Der Behörde zufolge dürften die globalen Lagerbestände zum dritten Monat hintereinander um mehr als 700'000 Ballen (à 218 Kilo) auf total 84,3 Millionen sinken.

Doch ob das den Preis noch weiter in die Höhe treibt, bleibt fraglich. «Da die Preissteigerungen derart massiv sind, muss davon ausgegangen werden, dass tendenziell der Peak erreicht sein könnte», sagt Illi. Dies zumindest beschaffungsseitig. Wegen der hohen Preise gingen Geschäfte verloren und die Bauern pflanzten in Erwartung höherer Preise mehr Baumwolle an.

Auch Vats geht aufgrund der Fundamentaldaten davon aus, dass sich die Baumwollpreise nun wieder auf ein moderateres Niveau begeben dürften. Sie erinnert an das Erntejahr 2010/11, als die Baumwollpreise noch höher waren als aktuell: «Dies hatte vor allem zwei Auswirkungen: einen Anstieg der Baumwollanbaufläche und damit der Produktion und dann einen Rückgang der Baumwollnachfrage, der sechs Saisons lang anhielt.» Sollte sich dieses Muster auch im nächsten Erntejahr zeigen, das im Sommer beginnt, ist laut Vats mit einem Rückgang zu rechnen.

Laut Fritsch zeigen die wöchentlichen Exportdaten aus den USA allerdings, dass die Nachfrage nach wie vor sehr robust ist und sich die Käufer demnach noch nicht vom hohen Preisniveau abschrecken lassen. «Zum Vergleich: 2011 kostete Baumwolle zeitweise mehr als 200 US-Cent je Pfund», sagte er. Das heisse aber nicht, dass der Preis nochmals so weit steigen könne.

Russland und die Ukraine spielen laut Fritsch weder als Anbieter noch als Nachfrager von Baumwolle eine Rolle. Die grössten Anbaugebiete in der Region liegen in Zentralasien im heutigen Usbekistan.

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