Der Frauenanteil in den Verwaltungsräten börsenkotierter Schweizer Firmen ist nach wie vor erschreckend klein. Immerhin scheint Besserung in Sicht: Aktionärsvereinigungen wie Ethos oder Actares arbeiten darauf hin, dass künftig mehr Frauen in die Verwaltungsräte gewählt werden.
Frauenanteil
Je besser die Ausbildung, desto höher die Chance auf eine Führungsposition, so das wenig überraschende Resultat der BFS-Studie. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ethos hat in einer Analyse die Verwaltungsräte von 217 an der Schweizer Börse gehandelten Firmen unter die Lupe genommen und stellt fest: Bei 61 Firmen sitzt noch immer keine Frau im Verwaltungsrat.

Dieser Befund sei «schlicht schockierend», sagte Ethos-Präsident Vincent Kaufmann im Gespräch mit AWP.

«Gegenwärtig haben nur bei 48 der 217 Unternehmen im SPI mindestens 30 Prozent Frauen Einsitz im Verwaltungsrat und bei 115 mindestens 20 Prozent Frauen», heisst es bei Ethos weiter. Zudem sitzen lediglich bei der Zurich-Gruppe mehr Frauen als Männer im obersten Führungsgremium, während bei den 30 Firmen des Swiss Leader Index (SLI) nur Logitech (Wendy Becker) und die Swatch Group (Nayla Hayek) von einer Frau präsidiert werden.

Die Gründe für den tiefen Frauenanteil in Verwaltungsräten sind zahlreich. Dazu zählt laut Actares auch das Thema Doppelmandate, also das Bekleiden eines Amtes sowohl in der Geschäftsleitung als auch im Verwaltungsrats desselben Unternehmens. Solche Doppelmandate würden häufiger von Männern besetzt und zementierten bestehende Machtstrukturen in einer Firma.

Dieses Hindernis schränke die Chancen für Frauen auf einen Platz im Verwaltungsrat zusätzlich ein, hält Actares fest. Immerhin werde von immer mehr Verwaltungsräten ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Frauen und Männern angestrebt, was die Chancen der Frauen auf eine grössere Präsenz in den Gremien verbessere.

Auch Ethos-Präsident Kaufmann hofft, dass das geschlechterbezogene Missverhältnis in den Verwaltungsräten rasch abnimmt. Die Firmen suchten vermehrt nach Expertinnen und Experten zu Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Personal. Da sei es wahrscheinlicher, dass Frauen als Kandidatinnen für den Verwaltungsrat gewonnen werden können.

Der Frauenanteil in den höchsten Gremien der kotierten Schweizer Firmen steige zwar, doch geschehe dies nur im «Schneckentempo», kritisiert Actares. Sowohl Actares als auch Ethos wollen den Wandel in den Verwaltungsräten beschleunigen. Actares verlangt, dass ein Geschlecht zumindest zu 30 Prozent im Verwaltungsrat vertreten ist, wobei ein ausgeglichenes Verhältnis wünschenswert wäre.

Ethos wird gemäss ihrer Stimmrechtslinien an den kommenden Generalversammlungen bei Abstimmungen zum Nominationsausschuss Nein-Parolen ausrufen, sobald der Verwaltungsrat einer Firma ohne erklärbaren Grund nicht mindestens mit 20 Prozent Frauen besetzt ist. Und sollte es keinen solchen Ausschuss geben, empfiehlt Ethos, gar die Wiederwahl des Verwaltungsrats abzulehnen.

Diese 20-Prozent-Schwelle wird bei Ethos bis zum Auslaufen der Übergangsfrist zur Umsetzung der neuen Bestimmung im Obligationenrecht im Jahr 2026 auf 30 Prozent angehoben. Seit Anfang 2021 verlangt das Obligationenreicht, dass in der Schweiz ansässige Unternehmen bis 2026 einen Geschlechterrichtwert von 30 Prozent im Verwaltungsrat und bis 2031 von 20 Prozent in der Geschäftsleitung einhalten.

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