Silvia Bisculm Jörg (SP) über Akademikerbashing
Das Wichtigste in Kürze
- Der Arbeitgeberverband will Studiengebühren amortisieren.
- Dadurch sollen mehr Studiengänge eingeschlagen werden, die im Markt gut ankommen.
- Bildung soll aber in jedem Fall zugänglich sein, wie dieser Gastbeitrag erklärt.
Kürzlich hat der Arbeitgeberverband wieder einmal einen Frontalangriff gegen Akademiker:innen gestartet und ein Papier mit teils abstrusen Ideen veröffentlicht. Ein übles Beispiel:
Akademiker:innen sollen gemäss Arbeitgeberverband ihre Studiengebühren amortisieren müssen. Dies, damit mehr Studienrichtungen eingeschlagen werden, die im Arbeitsmarkt «gefragt» sind und die Bevölkerung nicht für «unnötige Bildungskosten» aufkommen muss.
Was ist Ihre höchste Ausbildung?
Nur schon dieser Ausdruck: unnötige Bildungskosten! NIEMALS ist Bildung unnötig. Bildung ist in jedem Fall ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Bildung hilft, die Vergangenheit zu verstehen, die Gegenwart zu bereichern und die Zukunft zu verbessern. Bildung muss für alle zugänglich sein, auf jedem Niveau. Durch die Vorschläge des Arbeitgeberverbandes ist genau das gefährdet, der akademische Weg würde nämlich für viele verunmöglicht. Denn gerade für weniger Wohlhabende wird es nicht möglich sein, Gebühren zurückzuzahlen. Oder wollen wir nur noch reiche Student:innen?
Und wer soll bitteschön entscheiden, welches Studium gefragt ist? Etwa der Markt? Das Geld? Die Wirtschaft? Was für eine traurige Vorstellung. Wenn der Arbeitgeberverband den Fachkräftemangel bekämpfen will, soll er seine Energie doch in gute Ideen für betroffene Berufe stecken. Aber das ist eben schwieriger. Besser man diffamiert Studierende, welche das «falsche» Fach gewählt haben. Dass diese Auslegung völlig unangebracht ist, zeigt sich übrigens darin, dass es wenige arbeitslose Akademiker:innen gibt. Im Jahr 2021 traf dies nur auf ganze 2 Prozent der Absolvent:innen der Uni Zürich zu. Denn Kenntnisse und Fähigkeiten aus allen Studiengängen sind sehr gefragt.
Eine offene Gesellschaft braucht alle! Eine Vielfalt, Interesse am Anderen und Toleranz. Es braucht Menschen mit Berufslehre oder Studium, Angestellte und Selbständige, jüngere und ältere. Und zwar, ohne sie gegeneinander auszuspielen.
Der Arbeitgeberverband schlägt mit seinen Ideen eine sehr heikle Richtung ein. Mir zeigt dies eines: Diesem Gremium würde ein Philosophiestudium wahrscheinlich sehr guttun.
Zur Autorin: Silvia Bisculm Jörg sitzt für die SP im Grossen Rat von Graubünden und ist als Physiotherapeutin tätig.