Unser Kolumnist ist stolz auf die Schweiz und erstaunt über die Verzweiflung, mit der die Gegner der Konzernverantwortung um sich schiessen.
Reda El Arbi
Gastautor bei Nau.ch: Reda El Arbi. - Nau.ch
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi analysiert den Einfluss von Donald Trump auf unsere Seelen.
  • El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
  • Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
  • Er lebt mit Frau und mehreren Hunden in Stein am Rhein SH.

Eigentlich wollte ich ja nichts mehr zu diesem Thema schreiben, aber leider ist der Abstimmungskampf in eine zum Teil widerliche Schlammschlacht und in eine Fake-News-Parallelwelt abgedriftet, und zum Anderen ist es wichtig, dass die Bevölkerung nach Fakten abstimmen kann.

Zuerst einmal bin ich froh, dass die Abstimmung über die Konzernverantwortung keine reine «Links/Rechts»-Sache ist. Von den Grünen über die FDP bis weit in die SVP hinein gibt es Menschen, die es für unter der Würde der Schweiz halten, mit Sklavenarbeit und Umweltvernichtung Geld zu verdienen. Und dann schäme ich mich für diejenigen, die gerade in Verzweiflung die Bevölkerung belügen, um doch noch ein paar Jahre ein paar Fränkli aus der Arbeit von Kindersklaven zu quetschen. Die Gegner der Initiative werden immer hysterischer, und auch etwas gruusig.

In ihrer Verzweiflung schiessen die Gegner gegen die Initianten, verbreiten nachweislich Unwahrheiten und lassen sich um keinen Preis auf eine Diskussion zu den Fakten ein.

In einem Youtube-Film gegen die Konzernverantwortung, das sich in den letzten Tagen in den sozialen Medien verbreitet, behaupten die Gegner, dass nur Linksextreme, Autonome und antifaschistische Chaoten für die Initiative seien. Das wirkt so verzweifelt, dass es schon wieder lustig wäre, wenn man vergessen könnte, dass hier politische Kräfte und Wirtschaftslobbys absichtlich die Schweizer Bevölkerung anlügen.

Die Befürworter seien gewalttätige Chaoten. - Screenshot Facebook

Die Gegner der KoVI versuchen verzweifelt, nicht über den Inhalt der Initiative zu sprechen. Aus der Economiesuisse ging klar die Weisung heraus, «nicht über Menschenrechte» zu sprechen, sondern über Wirtschaft, Geld und Bürokratie. Sie greifen auch nicht die Inhalte an, sondern die Befürworter. So wollten sie einen Skandal daraus generieren, dass die Pro-Kampagne Symbolbilder benutzt und nicht echte, versklavte Opfer auf die Plakate setzt.

Der Weltwoche-Journalist Alex Baur versuchte sogar, in Peru eine Künstlerin unter Druck zu setzen, damit sie Dreck gegen die Initianten liefert. Zum Glück liess sich diese Künstlerin nicht instrumentalisieren und einschüchtern und veröffentlichte in ihrem Blog die ganze Angelegenheit.

Eine Künstlerin wird von einem Weltwoche-Journi unter Druck gesetzt. - Screenshot Blog

Aber es werden auch andere, verzweifelte Massnahmen ergriffen. So haben die Gegner den Handelsminister von Burkina Faso eingeladen, der hier an einer Pressekonferenz in einem Luxushotel brav erzählt, dass die Initiative seinem Land schaden würde. Wer Burkina Faso nicht kennt, wäre vielleicht beeindruckt. Wer aber weiss, dass das Land eines der korruptesten der Welt ist, und dass Korruption immer aus der Regierung kommt, kann es vielleicht etwas einordnen. Aber auch sonst ist es eher komisch, wenn gerade ein Vertreter der Regierung eingeladen wird, die es nicht schafft, Kindersklaverei und Umweltvernichtung einzudämmen, deren Minister aber ganz sicher auf der Seite der Gewinner, und nicht auf der Seite der Opfer sind.

Korruptionsindex Burkina Faso - Länderdaten Info

Aber die Gegner haben auch in der Schweiz grosse Tiere mobilisiert. Zum Beispiel äussert sich der oberste Agrarverantwortliche des Multis Nestlé in einem Interview auf der Plattform Watson zu der Initiative. Also des Konzerns, dessen Chef einst meinte «Wasser sei kein Menschenrecht». Und was sagt der Agrarchef auf die Frage, ob es auf ihren Plantagen Kindersklaven gäbe? Er meint «Ja, aber ...»

Ja, aber ... - Screenshot Watson

Wenn jemand so unverblümt zugibt, dass es Kinder für die eigenen Produkte ausgebeutet werden, und ein Konzern mit der Macht von Nestlé dies nicht verhindern kann, muss man davon ausgehen, dass es ihnen einfach egal ist. Natürlich haben die eine PR-Abteilung, die diese Tatsache weiss wäscht ...

Wer damals die Situation mit dem Apartheidregime in Südafrika mitbekommen hat, erlebt ein Deja vu. Die gleichen Argumente, zum Teil die gleichen Player, die damals weiter mit dem rassistischen Regime karawunzeln wollte, um ein paar Franken Gewinn einzustreichen, sind auch heute wieder sichtbar. Und genau wie sich diese Unternehmen heute für ihre Menschenverachtung von damals schämen, werden sie sich in 10 Jahren für ihre Position heute schämen.

Aber schauen wir uns noch einmal ein, zwei Lügen der Gegner an.

Da wär die Geschichte davon, dass die betroffenen Länder wirtschaftlich unter der Initiative leiden würden, weil die Schweizer Unternehmen da einfach nicht mehr produzieren würden. Das ist Bullshit. Die Schweizer Unternehmen sind auf die Produkte angewiesen, genau so wie die dortigen Produzenten auf die Schweizer Aufträge angewiesen sind. Die CH-Unternehmen können nicht einfach auf eine andere billige Sklavenproduktion ausweichen, da sie ja auch dort haftbar wären. Also werden die lokalen Unternehmen ihre Bedingungen anpassen, um die Schweizer Aufträge zu behalten. Das führt dazu, dass die Produktion teurer wird, und dass mehr Geld in diese Länder fliesst. Natürlich schmälert das die Marge bei den Schweizer Konzernen. Darum sind die ja auch dagegen.

Dann haben wir noch die Lüge, die KMU würden extrem hart getroffen, weil sie ihre Zulieferer kontrollieren müssten. Das stimmt klar nicht. Nur Unternehmen, die ihre Zulieferer rechtlich oder wirtschaftlich kontrollieren, sind haftbar. Ich kenn kein einziges KMU, das seine Zulieferer kontrolliert oder die Firmen in den betroffenen Ländern besitzt. Und seien wir ehrlich: Wer ein Geschäftsmodell hat, das einzig mit Verletzung der Menschenrechte, mit Sklavenarbeit oder mit Umweltvernichtung funktioniert, sollte über die Bücher gehen. Oder Konkurs, mir egal.

Also, machen wir der Ausbeutung durch die Schweiz ein Ende. Es ist ganz einfach, wie viele Menschen quer durch alle Parteien bereits begriffen haben: Es ist der Schweiz nicht würdig, Gewinne auf Kosten der Schwächsten in der Welt zu machen.

Mehr zum Thema hier.

Zum Autor: Reda El Arbi ist 51-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und mehreren Hunden in Stein am Rhein SH.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FDPSVPAbstimmungYoutubeWeltwocheKorruptionRegierungWasserWatsonNestléFrankenMenschenrechte