Daniel Koch: So erlebte ich den Drohnen-Horror in Odessa

Daniel Koch
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Bern,

Daniel Koch war kürzlich in der Ukraine. In seiner Kolumne beschreibt er eindrücklich das Leben im Krieg. Und die grosse Angst vor den Drohnenschwärmen.

Daniel Koch
Nau.ch-Kolumnist Daniel Koch steht in der Ukraine an der 5-Kilometer-Sperrzone nahe der russischen Grenze. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Daniel Koch war zwischen 2008 und 2020 BAG-Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten.
  • Heute schreibt Koch über die Lage in Odessa und Drohnen, die Menschenleben zerstören.
  • Ältere Menschen hätten keine Kraft mehr, bei Alarm ihre Betten zu verlassen.

Odessa war eine sehr beliebte Touristenstadt der Ukraine am Schwarzen Meer. Auch Ende August, in der letzten ukrainischen Ferienwoche, ist die Stadt immer noch voller Touristen. Trotz des Krieges – oder vielleicht gerade wegen des Krieges!

Wenn Familien gemeinsam Strandferien verbringen wollen, bleibt ihnen in diesem kriegsgebeutelten Land gar keine andere Wahl als Odessa.

Denn: Ukrainische Männer dürfen auch nach drei Jahren Krieg das Land nicht verlassen.

Daniel Koch
Daniel Koch Ende August in Odessa. - zvg

Leben in der Ukraine überall gefährlich

Natürlich bestehen die Gefahren durch den Krieg auch in Odessa. Aber das Leben in der Ukraine ist überall gefährlich. Der russische Aggressor greift weiter gezielt mit Raketen, Fliegerbomben und Drohnen zivile Objekte an.

Die Bevölkerung soll dadurch verängstigt und zermürbt werden.

Immer wieder Luftalarm

Auch in Odessa gibt es immer wieder Luftalarm. Meist beginnen die Warnungen am frühen Nachmittag. Man kann dann auf dem Nachrichtenkanal «Telegram» mitverfolgen, was sich zusammenbraut.

Raketen überqueren das Schwarze Meer innert Minuten. Sie explodieren mit unheimlicher Wucht bei ihrem Einschlag, wenn sie nicht von der Luftabwehr abgefangen werden.

Sich vor ihnen in Sicherheit zu bringen, ist für die Zivilbevölkerung ein Ding der Unmöglichkeit.

Drohnenschwärme über dem Meer

Meistens erfährt man aber über «Telegram», dass Aufklärungsdrohnen in der Luft sind. Kurze Zeit später gehen dann die Sirenen los. Man sieht auf den Mitteilungen, dass sich Drohnenschwärme über dem Meer versammeln.

Glaubst du an ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges?

Drohnen fliegen langsam und brauchen Zeit, um ihre Ziele zu erreichen. So dauert es mehrere Minuten, bis man erfährt, in welchen Gegenden die Angriffe zu erwarten sind.

Erst jetzt reagieren die Leute. Sie bringen sich in Kellern und Schutzräumen in Sicherheit.

Drohnen zerstören auch Menschenleben

Leider schaffen das nicht immer alle. Gerade ältere Leute, Frauen mit Kleinkindern und die ärmeren Bevölkerungsschichten können auf die ständigen Alarme nicht mehr reagieren.

Sie haben schlicht die Kraft nicht mehr, ihre Betten zu verlassen. Und erneut die Nacht im Keller zu verbringen. So gibt es immer wieder und immer mehr Opfer der Angriffe.

Drohne
Arbeiter räumen die Trümmer eines von einer russischen Drohne zerstörten Kindergartens in Kiew auf. - ZUMA Press Wire/dpa

Die Drohnen zerstören nicht nur Wohnungen, sondern löschen auch Menschenleben aus. Die ersten Nachrichten nach den Einschlägen erscheinen dann auch gleich wieder auf «Telegram».

Ich habe Glück. In den paar Tagen, in denen ich in Odessa weile, schlagen die Drohnen nicht im Zentrum, sondern in den Vororten ein. Unter anderem in Tschernomorks.

Ein paar Tage später sehe ich jedoch die Nachricht, dass Odessa wieder einmal mehr direkt angegriffen wird.

Berner koordiniert in Odessa

Ende August war ich nicht ferienhalber in Odessa. Ich habe den Berner Bänz Margot und sein Hilfsprojekt «Human Front Aid» (humanfrontaid.org) besucht.

Auch im vierten Kriegsjahr koordiniert der Berner Kulturschaffende die Hilfe in Odessa.

Bänz Margot
Der Berner Helfer in der Ukraine: Bänz Margot. - zvg

Seine lokalen Helferinnen und Helfer geben rasch und unkompliziert zivilen Kriegsgeschädigten individuelle und finanzielle Nothilfe. Häufig direkt vor Ort.

So zeigte uns Tania die Strasse, in welcher mehrere Drohnen in der Nacht vom 10. Juni die Häuser zerstörten.

Daniel Koch
Daniel Koch unterwegs in Odessa mit Tania. - zvg

Hier half sie zwei älteren Frauen, deren Haus zerstört wurde, mit einem Nothilfe-Geldbetrag. Ihre beiden Ehemänner wurden durch die Explosionen getötet.

Zum Autor: Daniel Koch war zwischen 2008 und 2020 Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Er ist der Öffentlichkeit als «Mister Corona» bekannt und schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. Koch lebt im Kanton Bern.

Kommentare

User #3356 (nicht angemeldet)

Ah ja klar immer nur den schlimmsten Teil zeigen während in der Westukraine das Leben fast normal weitergeht Cafés sind offen Tourismus läuft und man kann sogar Badeferien machen.

User #3140 (nicht angemeldet)

Nur weil die halbe Welt beim Schauspieler ein und aus geht, muss er natürlich um Nichts nachstehen.

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