Weltweit wird gegen das Mullah-Regime Irans protestiert. Die Frauen stehen an der Front und demonstrieren die geballte Kraft weiblicher Wut. Ein Gastbeitrag.
Iran Proteste
Der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini löste weltweite Proteste aus. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Tod von Mahsa Amini im Iran hat weltweite Proteste ausgelöst.
  • Frauen und Mädchen kämpfen gegen das islamistische Regime im Iran.
  • Das macht den Frauen der allianceF Hoffnung und Mut.
Ad

«Jin, Jiyan, Azadî!», hallt es an diesem Samstagnachmittag durch die Strassen von Toronto, Amsterdam, Seoul, London, Paris, Stockholm, Los Angeles – und Zürich. Auf Deutsch: «Frauen, Macht, Freiheit!» Es ist ein kalter Oktober in der Limmatstadt, regennasse Augen folgen den Rednern auf dem Rathausplatz, dicke Tropfen landen auf dem Gesicht von Mahsa Amini, welches auf Transparenten prangert.

Die 22-jährige Iranerin wurde zwei Wochen zuvor von der Sittenpolizei festgenommen, weil sie ihr Kopftuch lose getragen haben soll. Drei Tage später verstarb sie in Polizeigewahrsam. Sie habe an einer Vorerkrankung gelitten, behauptet das staatliche Institut für Gerichtsmedizin. Es sei Mord, so die Ansicht des EU-Parlaments.

Aminis Tod löste eine immense Protestwelle im Iran aus, die laut der Nachrichtenagentur Reuters bis dato mindestens 266 Menschen das Leben gekostet haben soll.

iran proteste Mahsa Amini
Mahsa Amini ist ein Symbol der Opposition im Iran. - keystone

Auch die Namen Nika Shakarami und Sarina Esmailzadeh sind an diesem Samstag omnipräsent. Die beiden 16-Jährigen schlossen sich den Protesten in Teheran an; Shakarami wurde dabei gefilmt, wie sie öffentlich ihr Kopftuch verbrannte. Die toten Körper der jungen Frauen wurden Tage danach ihren Familien ausgehändigt – mit zerschlagenen Schädeln.

«Hijab is not a choice unless it’s a choice for all women», steht auf einem weiteren Transparent. Auf dem Rednerpult stehen Schweizerinnen mit iranischen Wurzeln, die furchtlos das islamische Regime ihres Herkunftslandes kritisieren. «Wir rechnen an jeder Kundgebung damit, dass auch Leute aus dem Regime, Spitzel, da sein könnten», sagt eine Mitorganisatorin gegenüber dem Blick. Was die Menschen im Iran machen, sei mutig, aber auch für die Diaspora hier sei es nicht ungefährlich.

Internationale Protestwelle ausgelöst

In 80 internationalen Städten wurde zur solidarischen Kundgebung «Freedom Rally For Iran» mobilisiert. Die Menschen folgten dem Ruf, darunter viele Frauen und Mädchen. Auch im Iran sind es Demonstrantinnen, die die Strassen stürmen; bereits Gymnasiastinnen stellen sich entschlossen den Razzien von Sicherheitsdiensten entgegen.

Ein paar Tage später im Europaparlament schneidet sich die schwedische Abgeordnete Abir Al-Sahlani während ihrer Rede die Haare ab. «Bis der Iran frei ist, wird unsere Wut grösser sein als die der Unterdrücker. Bis die Frauen im Iran frei sind, werden wir bei ihnen sein.» Vergangenes Wochenende schneidet sich die Grüne-Nationalrätin Sibel Arslan auf dem Rednerpult einer weiteren Demo in Bern ebenfalls ihre Mähne ab.

elnaz rekabi
Die iranische Klettersportlerin Elnas Rekabi hatte im Final der Asienmeisterschaft das für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopftuch abgenommen. - -/iwsports.ir/dpa

Ein Tag später verbreitet sich der Name Elnas Rekabi in den internationalen Medien. Die 33-jährige Profikletterin nimmt während der Asienmeisterschaft in Seoul das für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopftuch ab. Laut BBC seien daraufhin ihr Pass und Mobiltelefon beschlagnahmt worden.

Seit der islamischen Revolution 1979, die Frauen gesellschaftlich in den Hintergrund drängte, gab es zahlreiche Proteste. Bei den aktuellen Protestbewegungen stehen die Frauen erstmals an der Front des Widerstands. Könnte die weibliche Wut es dieses Mal schaffen?

Wir schauen zu – mit Hoffnung und grosser, grosser Ehrfurcht.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

EuropaparlamentGrüneMordTodBBCEU