Arber Bullakaj ist Präsident der Aktion Vierviertel. Zum Schweizer Bürgerrecht sagt er: Es soll «den Ansprüchen der Schweizer Demokratie gerecht werden».
Arber Bullakaj
Arber Bullakaj, Präsident von der Aktion Vierviertel, sagt: «Verpassen wir nicht den Zug, um eine vollwertige Demokratie zu werden!» - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Aktion Vierviertel will ein Grundrecht auf Einbürgerung.
  • Jeder, der in der Schweiz lebt, soll dieses Grundrecht erhalten.
  • Ein Gastbeitrag.

Fragt man die Schweizerinnen und Schweizer nach den Qualitäten ihres Landes, würden wohl viele die musterhafte Demokratie loben. Wir von der «Aktion Vierviertel» – einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis – machen hingegen ein gravierendes Defizit in der Verfasstheit unserer helvetischen Demokratie fest: Von den acht Millionen hier lebenden Menschen verfügen über zwei Millionen nicht über das Bürgerrecht.

Ein ganzes Viertel der Bevölkerung wird also systematisch von der Mitbestimmung ausgeschlossen – und das, obwohl die meisten davon hier geboren oder aufgewachsen sind, hier leben, ihre Freundinnen und Freunden sowie Kolleginnen und Kollegen haben, hier arbeiten und Steuern zahlen.

Menschen sind, die sich der Schweiz zugehörig fühlen, sich als Teil der Gesellschaft begreifen. Einer Gesellschaft übrigens, die – so glauben wir – fortschrittlicher ist als viele ihrer Politiker:innen. Weil dieser Zustand aus unserer Sicht unhaltbar ist, haben wir unsere Initiative für ein modernes Bürgerrecht lanciert.

Paradigmenwechsel: Aktion fordert Anspruch auf Einbürgerung

Was uns vorschwebt, ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel: In der Bundesverfassung soll ein Anspruch auf Einbürgerung etabliert werden – alle, die seit fünf Jahren rechtmässig in der Schweiz leben, keine schwerwiegenden Straftaten begangen haben, die Sicherheit des Landes nicht gefährden und über Grundkenntnisse einer Landessprache verfügen, sollen den Roten Pass mit dem weissen Kreuz drauf erhalten.

Reisepass
Schweizer Pässe. (Symbolbild) - keystone

Gründe für die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels gibt es viele. Die Schweiz ist eine Einwanderungsgesellschaft, über ein Drittel der hier lebenden Menschen hat eine Migrationsgeschichte, mancherorts ist es gar die Hälfte. Zugleich ist das Einbürgerungsgesetz eines der restriktivsten in Europa.

Doch neben der Gesetzeslage lässt auch der Prozess zu wünschen übrig: Zu oft sind die Verfahren schikanös und willkürlich, in manchen Gemeinden werden Personen nicht eingebürgert, weil sie die Beizen nicht alle kennen oder mit Trainerhosen durch die Stadt laufen. Teuer ist das Ganze zudem auch noch.

Beim Bürgerrecht geht es indes nicht nur um die politische Mitbestimmung bei Wahlen und Abstimmungen: Heute haben Menschen, die teilweise seit Jahren in der Schweiz leben, in eine Notlage geraten und auf Sozialhilfe angewiesen sind, keinerlei Rechtssicherheit. Sie müssen befürchten, den Aufenthaltsstatus zu verlieren, sogar das Land verlassen zu müssen. Bei anderen ist die Reise- und Bewegungsfreiheit eingeschränkt – nur, weil sie über den «falschen» Pass verfügen.

Einbürgerung ist teuer: «Schweizer Pass muss man sich leisten können»

Um ein weiteres Beispiel für die stossende Ungleichbehandlung zu nennen: Menschen, die in den vergangenen Jahrzehnten aus dem Balkan, Spanien oder Italien in die Schweiz kamen, haben oft ihr Leben lang hart gearbeitet – oft in Jobs, die keine Einheimischen machen wollten. Für teure und aufwändige Sprachkurse blieb da kein Raum.

Davon abgesehen ist die Einbürgerung selbst ebenfalls teuer: Den Schweizer Pass muss man sich leisten können. Nur ein Paradigmenwechsel, der einen Anspruch auf das Bürgerrecht in der Verfassung verankern würde, kann diesem Missstand entgegenwirken.

Wenn im Oktober die nationalen Wahlen stattfinden, werden wieder nur drei Viertel der Bevölkerung mitbestimmen – und so die Zukunft unseres Landes mitgestalten können. Deshalb ist 2023 ein gutes Jahr, um den Paradigmenwechsel anzustossen: damit aus der Schweiz tatsächlich eine vollwertige Demokratie wird.

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