Das neue EU-Waffenrecht bewegt die Schweiz. Am 19. Mai entscheidet das Volk. Ein Kommentar von SP-Nationalrat Adrian Wüthrich.
Mann mit Brille und kurzen Haaren in Winterjacke vor Holzhütte
Nationalrat Adrian Wüthrich, SP BE, Präsident Travail.Suisse - zvg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 19. Mai findet die Abstimmung zum verschärften Waffenrecht statt.
  • Schweizer Politiker äussern sich in der Rubrik «Stimmen der Schweiz» dazu.

Am 19. Mai stimmen wir auch über die Waffenrechtsvorlage ab. Die Schweiz muss wegen ihrer Mitgliedschaft beim Schengen-Abkommen die Änderungen der EU übernehmen. Aufgrund neuer Bedrohungen - nicht zuletzt wegen der Terroranschläge 2015 in Paris - hat die EU eine neue Waffenrichtlinie ausgearbeitet. Als Schengen-Staat profitieren wir Schweizer Bürgerinnen und Bürger nicht nur von unserer Reisefreit und der verbesserten Sicherheit, die Schweiz hat bei Änderungen am Schengen-Vertrag auch ein Mitspracherecht. Unter der Führung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat sie dieses genutzt und erarbeitete zusammen mit der EU eine pragmatische Lösung, welche die Schweizer (Schiess-)Traditionen speziell berücksichtigt und die Abgabe der Armeewaffen weiter zulässt.

Es werden mehr Waffen registriert

Trotzdem wird jetzt eine übertriebene Kampagne geführt. Das Referendum wurde beispielsweise schon vor der parlamentarischen Beratung angekündigt, als das Gesetz noch gar nicht beschlossen war. Die SP trägt den Kompromiss mit, obwohl sie immer ein nationales Waffenregister gefordert hat. Immerhin werden gemäss Schätzungen rund 10 Prozent der Waffen neu registriert werden müssen.

Die Vorlage ist aber auch deshalb eminent wichtig, weil die Schweiz sonst de facto aus dem Schengen-Verbund fliegt und die Reisefreiheit der Bürgerinnen und Bürger wieder einge-schränkt würde. Auch beim Dublin-Abkommen könnte die Schweiz nicht mehr mitmachen.

Für Armeeangehörige ändert sich nichts

Trotz zurückhaltender Vorlage bringt das neue Waffenrecht mehr Sicherheit nach Europa und in die Schweiz. Grundsätzlich finden bei der neuen Waffenrechtsvorlage drei Anpassungen statt:

Verschärfter Zugang zu halbautomatischen Waffen: Halbautomatische Waffen, wie sie auch bei den Pariser Terroranschlägen verwendet wurden, sind neu ausschliesslich mittels Ausnahmebewilligung zu erwerben. Schütz/innen und Jäger/innen sind ausgenommen. Ein-zig müssen sie nachweisen, dass sie regelmässig schiessen, zum Beispiel indem sie bei ei-nem Schützenverein Mitglied sind. Das Ziel ist, die Waffen, mit denen niemand Schiesssport betreibt, aus dem Umlauf zu nehmen und somit das Risiko von häuslicher Gewalt, Suizid und Terrorismus zu minimieren (dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich belegt). Für die Angehörigen der Armee wird sich nichts ändern. Sie können ihre Waffen auch weiterhin oh-ne Bewilligung zu Hause haben und nach der Dienstpflicht übernehmen.

Anmeldungspflicht und Markierungspflicht: Aktuelle Waffen-Besitzer/innen müssen ihre neu verbotenen Waffen bei der kantonalen Behörde anmelden. Auch werden einzelne Be-standteile von Feuerwaffen markiert, um eine allfällige Rückverfolgung zu erleichtern.

Mehr Sicherheit durch Informationsaustausch im Schengenraum: Der Informationsaus-tausch soll unter den Schengen-Staaten erweitert und systematischer ausgestaltet werden, um die Rückverfolgbarkeit von Feuerwaffen aller Kategorien zu verbessern und mehr Si-cherheit in Europa zu gewährleisten.

Reisefreit in Europa und Arbeitsplätze in Tourismusregionen in Gefahr

Ohne die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie würde die Schengen-Zusammenarbeit automatisch enden, ausser des eher unwahrscheinlichen einstimmigen Entgegenkommens aller EU-Staaten während den 90 Tagen nach der Abstimmung. Bei einem Nein hätte die Polizei somit keinen Zugang mehr zum Schengener Informationssystem (SIS), das für ihre Arbeit von grosser Wichtigkeit ist: Allein im Jahr 2018 lieferte das System 18‘000 Fahndungstreffer. Dazu kommt, dass die Schweizer Bürgerinnen und Bürger die Reisefreit in Europa verlieren würden. Wir würden in Europa wieder als Nicht-Europäer behandelt. Für Touristinnen und Touristen aus Übersee wäre für den Besuch der Schweiz auch ein zusätzliches Visum nötig. Viele würden dann wohl auf ihren Europa-Reisen nicht mehr in die Schweiz reisen, weil sie kein zusätzliches Visum besorgen wollen. Tourismusexperten schätzen die Einnahmeausfälle auf über 500 Millionen Franken mit den entsprechenden Folgen für die Arbeitsplätze in der Hotellerie- und Gastrobranche in den Tourismusregionen wie dem Berner Oberland.

Summa summarum bezahlt die Schweiz einen tiefen Preis für ein sichereres Europa. Die Vorteile für ein Ja überwiegen bei Weitem, weshalb die SP-Fraktion die Vorlage in der Schlussab-stimmung einstimmig unterstützte. Deshalb die dringende Empfehlung: JA am 19. Mai!

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