Zyklus von Frau beeinflusst Organe und Gesundheit

Dina Müller
Dina Müller

Zürich,

Zahlreiche Körpersysteme werden vom Menstrualzyklus beeinflusst: vom Herz über das Gehirn bis zum Immunsystem. Es fehlt jedoch an angepassten Therapien.

Frau Bauchkrämpfe Periode
Der Zyklus führt bei Frauen nicht nur zu Bauchkrämpfen, sondern wirkt sich auf fast alle Körpersysteme aus. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Periodenzyklus der Frau wirkt sich laut Expertinnen auf fast alle Körpersysteme aus.
  • Daher kann er die Gesundheit des Herzens und Gehirns, aber auch Erkrankungen beeinflussen.
  • Angeglichene Therapien existieren kaum – den Alltag kann man jedoch der Periode anpassen.

Unterleibs- und Gelenkschmerzen, Müdigkeit oder Heisshunger. Dazu kommen möglicherweise Akne-Ausbrüche, Wassereinlagerungen, Brustspannen – die Liste ist endlos.

Jede Frau kennt die typischsten Beschwerden kurz vor der Periode. Wie könnte es auch anders sein, wenn man einen Mix davon über Jahrzehnte hinweg monatlich durchmacht?

Neue Forschungsergebnisse lassen allerdings vermuten, dass der Einfluss des weiblichen Zyklus auf den Körper und dessen Gesundheit noch viel weiter geht.

Bereits 2011 konnte eine Studie einer Universitätsklinik in Berlin einen Zusammenhang zwischen dem Periodenzyklus und der Schwere von Symptomen chronischer Erkrankungen feststellen.

Eine kürzlich erschienene Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig zeigt ausserdem: Der Zyklus kann sowohl Stress und Stimmung, als auch die Gesundheit des Herzens und Gehirns von Frauen beeinflussen.

Auswirkungen auf zahlreiche Körpersysteme

«Der Menstruationszyklus betrifft nicht nur die Fortpflanzung, sondern nahezu alle Systeme im Körper», bestätigen Julia Sacher und Jellina Prinsen, die Autorinnen der Studie, gegenüber Nau.ch.

«Im Verlauf des Zyklus steigen und fallen die Hormonspiegel – insbesondere von Östrogen und Progesteron» – also der weiblichen Sexualhormone.

Sollten Behandlungen mehr zyklusorientiert gestaltet werden?

«Weil diese Hormone so viele Prozesse steuern, kann der Zyklus sich auf alles auswirken: von Schlaf und Verdauung bis hin zur psychischen Gesundheit», so die beiden Wissenschaftlerinnen.

Wechselwirkungen sind bekannt

Angela Niggli, Oberärztin in der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie des Universitätsspitals Zürich, bestätigt diese Erkenntnisse: «Bekannt ist, dass in vielen Organen und Systemen des Körpers Rezeptoren vorhanden sind, an denen die weiblichen Hormone direkt wirken können.»

Zusätzlich würden Einflüsse via Immunsystem, Nervensystem, Stoffwechsel oder gar Mikrobiom vermutet. Das Mikrobiom umfasst Bakterien und Pilze an und in unserem Körper.

«Heutzutage sind Assoziationen nicht nur von vielen Erkrankungen und dem weiblichen Geschlecht, sondern auch von Krankheitsverläufen und hormonellen Schwankungen bekannt», so die Oberärztin. Nebst dem Zyklus sollen auch die Lebensphasen der Frau von Pubertät bis zu den Wechseljahren die Gesundheit beeinflussen.

Angela Niggli Universitätsspital Zürich
Angela Niggli ist Oberärztin in der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie am Universitätsspital Zürich. - usz.ch

Tatsächlich ist laut Niggli der Einfluss des weiblichen Zyklus auf die Gesundheit in vielen Bereichen bereits gut dokumentiert.

«Insbesondere bei zwei Krankheitsbildern ist dieser Einfluss so ausgeprägt, dass sie offiziell als zyklische Erkrankungen anerkannt wurden und als solche diagnostiziert werden: das prämenstruelle dysphorische Syndrom (PMDS) und die menstruelle Migräne.»

Was wir noch nicht wissen

Für die Entwicklung von individualisierten Therapieansätzen bestehen allerdings, so Niggli, noch zu grosse «Wissenslücken».

«Es fehlt an einem tiefgehenden pathophysiologischen Verständnis.» Heisst: Wie sich Krankheiten und normale Körperfunktionen gegenseitig beeinflussen, ist noch nicht genau bekannt – auch wenn ein Zusammenhang bereits nachgewiesen werden konnte.

«Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist daher von essenzieller Bedeutung, um die therapeutische Versorgung zu verbessern», plädiert die Oberärztin.

Selbst für die längst bekannten zyklischen Symptome mangelt es an Lösungen. Stattdessen gelte die Unterdrückung des Zyklus oft als erfolgreicher Weg.

In manchen Gesundheitsbereichen wurde ein Zusammenhang hingegen noch gar nicht bewiesen.

So werde zwar davon ausgegangen, dass das Immunsystem durch die Hormone beeinflusst werde, um eine Schwangerschaft zu begünstigen. Aber: «Es gibt bis anhin noch keine relevanten Studien, die eine zyklische Infektneigung untersucht oder nachgewiesen haben», so Niggli.

Es fehlt an Studien

Auch die beiden Forscherinnen des Max-Planck-Instituts sehen einen enormen Bedarf an weiteren Studien. «Die medizinische Forschung war historisch stark auf Männer fokussiert.»

Sehr lange waren die Probanden in Studien überwiegend männlich. Frauenspezifische biologische Faktoren sind laut Sacher und Prinsen vernachlässigt worden. «Das hat zu grossen Wissenslücken geführt.»

Braucht es mehr Studien zum weiblichen Zyklus?

Denn: «Weibliche Physiologie ist anders, und der Zyklus beeinflusst viele Körperprozesse.»

Würden die Unterschiede zwischen Mann und Frau ignoriert, «kann das zu Fehldiagnosen, weniger wirksamen Therapien und unnötigem Leid führen».

Die Hoffnung in die Forschung

Neue Forschungsergebnisse könnten laut Sacher und Prinsen helfen, individuellere und besser wirksame Behandlungen zu entwickeln.

Viele Medikamente müssten nämlich an den Zyklus der Frau angepasst werden. Unsere Hormone beeinflussen laut den Wissenschaftlerinnen, wie Schmerzmittel, Antidepressiva oder Herzmedikamente vom Körper aufgenommen, verarbeitet und ausgeschieden werden.

«Das bedeutet, dass die gleiche Dosierung je nach Zyklusphase unterschiedlich wirken kann.»

Einige Studien zu zyklusorientierter Therapie oder Prävention sind bereits im Gange. So konnte beispielsweise eine Studie an Mäusen eine bessere Wirkung der Chemotherapie feststellen, wenn diese während einer bestimmten Zyklusphase angesetzt wurde.

Ausserdem führt die ZHAW derzeit eine Studie zum Zusammenhang zwischen Hormonen, Bewegungsmustern und Bandverletzungen bei Frauen durch.

Wie Frauen den Zyklus «hacken» können

Erste Erkenntnisse zum Einfluss des Zyklus werden in manchen Bereichen bereits heute angewendet. So gibt es etwa Profi-Sportlerinnen, die zyklusorientiert trainieren. Dazu gehören beispielsweise die Spielerinnen der Schweizer Fussball-Nati.

Auf Social-Media-Plattformen kursieren ausserdem zahlreiche Tipps für den optimal auf die Periode abgestimmten Alltag.

Sacher und Prinsen kennen die gängigen Anleitungen zum «Hacken» des Zyklus. Dabei sei jedoch etwas Vorsicht geboten: «Viele dieser Trends in den sozialen Medien sind nicht ausreichend durch belastbare Evidenz belegt, und individuelle Unterschiede spielen eine grosse Rolle.»

Was raten die Expertinnen?

Trotzdem sei der Ansatz nicht verkehrt: «Es kann hilfreich sein, den eigenen Zyklus bewusst wahrzunehmen und persönliche Muster zu erkennen.»

In der ersten Zyklushälfte, also zwischen der Regelblutung und dem Eisprung, sei man typischerweise besser gelaunt, energiegeladener und leistungsfähiger. «Das kann bei der Planung anspruchsvoller Aufgaben nützlich sein.»

Nach dem Eisprung bis wieder hin zur Periode sind die meisten Frauen hingegen müder und erfahren Stimmungsschwankungen. Sacher und Prinsen raten: «In dieser Phase sind Selbstfürsorge, Stressmanagement und ausreichend Schlaf besonders wichtig.»

Schliesslich müsse jedoch jede Frau ihre eigene, optimale Routine finden. Denn: «Jeder Zyklus ist individuell.»

Kommentare

User #4421 (nicht angemeldet)

Ich habe auch ein Zyklus, immer dann wenn ich die KK Rechnung erhalte. Schwindel, starke Kopfschmerzen und einen dicken Hals! Habe noch kein Medi dagegen gefunden.

User #7767 (nicht angemeldet)

Zyklus von Frauen beeinflusst ebenfalls das Wohlbefinden ihrer Männer?

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