Das Zürcher Obergericht urteilt nächste Woche über den tödlichen Autounfall von 2017.
Am Zürcher Obergericht müssen sich am Montag sechs Fans des FC Schaffhausen wegen eines frauenfeindlichen Banners verantworten. (Archivbild)
Das Zürcher Obergericht. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Das Obergericht des Kantons Zürich muss entscheiden, ob ein heute knapp 26-jähriger Mann im November 2017 auf der A4 einen tödlichen Unfall fahrlässig oder eventualvorsätzlich verursacht hat. Das Urteil werde kommende Woche eröffnet. Dies entschied das Obergericht am Freitag.

Der Verteidiger schilderte seinen Mandanten, einen gelernten Lastwagenchauffeur, am Freitag vor Gericht als «intellektuell zu eingeschränkt», als dass er den Zusammenhang zwischen seinem Fahrmanöver und den möglichen Folgen hätte erkennen können. Er habe die Gefahr nicht voraussehen können. Es liege deshalb unbewusste Fahrlässigkeit vor.

Anklage fordert sechs Jahre Haft

Der junge Mann sei durch die Unfallfolgen «lebenslang bestraft». Auf eine weitere Strafe sei deshalb zu verzichten. Vom Vorwurf der Gefährdung des Lebens von allfälligen Personen auf dem Rastplatz sei er freizusprechen.

Die Verkehrsdelikte seien mit einer bedingten Geldstrafe und einer Busse zu ahnden. Für den Staatsanwalt handelte der Beschuldigte hingegen nicht fahrlässig. Er habe die schwerwiegenden Folgen seines «menschenverachtenden Fahrmanövers» in Kauf genommen. Damit liege klar Eventualvorsatz vor.

Die tragische Nacht des Unfalls

Er forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Es möge sein, dass der Beschuldigte unterdurchschnittlich intelligent sei, sagte der Ankläger. Aber immerhin fahre er Auto, spiele Eishockey – was viele rasche Entscheide bedinge – und nehme am öffentliche Leben teil. Er leide gewiss am Verlust des Freundes und habe eine Schuld zu tragen.

Dies rechtfertige aber bei Weitem keine Strafbefreiung. Am 4. November 2017 war der damals 19-Jährige gegen 5 Uhr morgens übermüdet und alkoholisiert mit seinem Auto vom Ausgang in Zürich zurück nach Schaffhausen unterwegs. Mit ihm im Auto sassen ein Freund und zwei junge Frauen. Auf der A4 bei Humlikon ZH kam das Auto hinter einen Sattelschlepper zu fahren, der mit Tempo 80 unterwegs war.

Fatales Fahrmanöver führt zur Katastrophe

Reguläres Überholen war verboten, der ortskundige 19-jährige gelernte Lastwagenchauffeur wollte deshalb via einen Rastplatz vor den Laster kommen. Beim Wiedereinbiegen in die A4 touchierte er aber dessen Heck, schlingerte auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem korrekt entgegenkommenden Auto. Dessen Lenker, der Beschuldigte selbst und eine Mitfahrerin wurden mittelschwer, der Freund des Lenkers tödlich verletzt.

Die zweite Mitfahrerin erlitt schwere Verletzungen mit bleibenden Folgen. Das Bezirksgericht Andelfingen ZH hatte den Mann im Juli 2021 wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens, fahrlässiger Tötung, fahrlässiger schwerer Körperverletzung sowie verschiedener Verkehrsdelikte zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Beide Parteien zogen das Urteil jedoch weiter.

Urteil steht bevor

Der Vertreter der damals schwer verletzten Frau nannte das Verhalten des Lenkers am Freitag «planendes Handeln eines intellektuell limitierten Täters». Er sei aber doch nicht so eingeschränkt, dass er den Einfluss von Alkohol nicht gekannt hätte. Der Beschuldigte habe eine ganze Reihe von Fehlentscheiden getroffen.

Er fuhr mit dem Auto nach Zürich in den Ausgang, trank viel Alkohol und fuhr gegen Morgen mit weiteren Personen zurück. Alle Entscheide hätte er korrigieren können, so der Anwalt. Er tat es nicht, und am Ende führte dies zur Tragödie. Das Urteil wird voraussichtlich kommende Woche schriftlich eröffnet.

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