In der Schweiz nutzen immer mehr Touris den öffentlichen Verkehr – zum Ärger anderer. Ihre Koffer bergen ein Platzproblem. Betreiber reagieren mit Sperrungen.
Platz für Touri-Gepäck gebraucht.
Bahnbetreiber wollen für Touris mehr Platz schaffen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz sind eine Rekordzahl an Touris unterwegs.
  • Diese nutzen bei ihren Reisen immer mehr den öffentlichen Verkehr.
  • Weil der Platz in Zügen durch ihr Gepäck knapp wird, sperren Betreiber nun Sitzplätze ab.
  • Die SBB ist laut eigenen Angaben nicht betroffen.
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360 Millionen Franken: So viel erzielte die Organisation Swiss Travel System, die mehrheitlich der SBB gehört, im Jahr 2023. Ein Rekordumsatz. Bereits in den ersten zehn Monaten wurden 24 Prozent mehr ÖV-Pässe an Touris verkauft als im bisherigen Rekordjahr 2019.

Doch diese Entwicklung birgt auch Probleme.

Die Reisenden haben oft viel Gepäck dabei. Womit sie ganze Abteile und Durchgangswege blockieren. Ausserdem sind sie mittlerweile mehr Personen auf eigene Faust unterwegs. Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, nimmt der Anteil von Gruppenreisen mit organisiertem Koffertransport nämlich rasch ab.

Sitze als Pilotprojekt entfernt

So zwingen die Einnahmen die ÖV-Betriebe wiederum zu Investitionen: Die Zentralbahn, die das Dreieck Luzern, Engelberg-Titlis und Interlaken verbindet, hat bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt und erste Lösungen gefunden. «In einem Pilotprojekt wurden Sitze in den Wagen entfernt», so Sprecher Thomas Keiser.

Zudem würden mit Spartickets aktiv die Passagierströme gelenkt. Durchsagen auf Deutsch und Englisch sollen die Touris auf die korrekte Platzierung ihrer Koffer aufmerksam machen. Sowie auf das Freihalten der Türen. Per Mai sind auf der Strecke Luzern–Interlaken Ost auch acht neue Abteile geplant, sogenannte Rollgepäckwagen.

Mussten Sie sich schon mal in einen Zug zwängen, der mit Touris und ihrem Gepäck überfüllt war?

Gepäck blockiert Aussicht

Die Rhätische Bahn hat ebenfalls zu drastischen Massnahmen greifen müssen, heisst es im Bericht weiter. Wie Sprecherin Yvonne Dünser sagt, sind zurzeit die Sitze neben der Gepäckablage im Bernina Express gesperrt. Dort wurden die Gespäckstücke teils so hoch gestapelt, dass Reisende «keine schöne Aussicht mehr hatten», wird sie zitiert.

Innovativer zeigt sich die Südostbahn. In einem Pilotprojekt testet sie ein «flexibles Abteil». Dabei handelt es sich um Sitzgruppen, die bequem auf die Seite geklappt werden können. So soll auf den Interregio-Zügen über die Gotthard-Bergstrecke oder zwischen Zürich und Chur Platz freigemacht werden.

Die Resultate des Projekts sollen der ganzen Branche dienen.

Spielabteil
Ohne Rücksicht auf die spielenden Kinder setzte sich der Mann im Spielabteil ins rote Boot.
Skifahrerin
Eine Skifahrerin besetzt in der Südostbahn ein ganzes Zugabteil.
Zug Arth-Goldau Tessin Stau
Fast jeder Platz ist besetzt. In den Gängen im Zug nach Lugano mussten Passagiere stehen.
Koffer blockieren Sitzplätze SBB
Nau.ch-Leser Nils F.* (25) sah im Zug von Zürich nach Bern, wie zwei Frauen zusammen mit ihrem Gepäck sechs Sitzplätze blockierten. (Viererabteil vorne und Zweierabteil hinten)

SBB verspürt Wunsch nach mehr Platz

Obwohl es bei der SBB keine Probleme wegen Touri-Gepäck gebe, bestünde auch bei deren Passgieren Bedürfnis für mehr Stauraum. Deswegen würden die Multifunktionszonen vergrössert. Genauer gesagt sollen 16 Doppelstockwagen des Typs IC 2000 bis Herbst 2025 solche erhalten. Vor allem die, die auf den Linien ins Wallis und nach Graubünden verkehren.

Für die Schweiz sind diese Ausbaupläne äusserst wichtig. Touristen sind für den ÖV – Gepäckproblem hin oder her – wichtige Gäste. Für die Nutzung von Bahn, Bus und Tram zahlen sie hohe Preise.

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