In Bern gelangten Gratis-Codes fürs Publibike in falsche Hände. So fuhren immer wieder Fremde gratis. Warum wollen viele nichts zahlen fürs Velofahren?
Publibike
Mehrere Publibikes am Bahnhof Bern. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Bern gibt es viele, die mit Gratis-Publibike-Codes von Unternehmen herumdüsen.
  • Ist das Angebot von Publibike zu teuer? Nein, meint ein Konsumforscher.
  • Jedoch würden die Kosten anderer Mobilitätsformen unterschätzt.
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In Bern gibt es rund 2000 Publibikes. Viele Unternehmen verfügen über Codes, damit ihre Angestellten gratis vom Bikesharing-Angebot Gebrauch machen können. Doch diese Codes gelangten in falsche Hände und wurden auch von Fremden genutzt, wie Nau.ch letzte Woche enthüllte.

Warum aber schmarotzen viele und wollen fürs Publibike nicht bezahlen?

Nutzt du Publibike?

Der Vorfall sei kein Beweis dafür, dass es eine grundsätzliche Zahlungsunwilligkeit gebe. Das erklärt Konsumpsychologe Christian Fichter von der Kalaidos Fachhochschule in Zürich. «Vielmehr handelt es sich hier um das klassische Phänomen: Gelegenheit macht Diebe.»

Christian Fichter
Konsumforscher Christian Fichter von der Kalaidos Fachhochschule in Zürich sagt zum Schmarotzen bei Publibike: «Gelegenheit macht Diebe». - kalaidos-fh.ch

Publibike: Qualität nicht optimal

Fichter weiter: «Wenn Menschen Zugriff auf solche Codes erhalten, ist die Versuchung sehr gross, diese auch zu nutzen.» Und zwar unabhängig davon, ob sie ansonsten für das Angebot zahlen würden.

Ein weiterer Aspekt sei auch die Qualität der Fahrräder, so Fichter: «Wie viele Nutzer berichten, bieten die Publibike-Fahrräder kein optimales Fahrerlebnis. Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen.» Dies führe dazu, dass man weniger bereit sei, für das Angebot zu bezahlen.

Nicht übertrieben teuer

Sind es denn vielleicht die Publibike-Preise, die Leute dazu veranlassen, zu schummeln – sind sie zu teuer?

Publibike sei zwar nicht billig, aber «auch nicht übertrieben teuer», meint Fichter. «Ob die Preise als zu teuer wahrgenommen werden, hängt stark von der individuellen Lebenssituation und den Alternativen ab.»

Preiswahrnehmung sei ein subjektives Konstrukt. Viele Menschen würden die Kosten mit den bereits existierenden Alternativen wie den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem privaten Fahrrad vergleichen. «Ein solcher Vergleich führt dazu, dass Mobilitätsangebote wie Publibike als überteuert angesehen werden.» Dies, obwohl die Preise objektiv fair kalkuliert seien.

Kosten von Auto werden unterschätzt

Ähnlich sieht es der Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). So würden auch die Kosten des Autos von den Nutzenden «massiv unterschätzt».

Thomas Sauter-Servaes
Thomas Sauter-Servaes, Mobilitätsforscher an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. - zVg

Dies führe zu verzerrten Wahrnehmungen, was den Preis angehe, meint Sauter-Servaes. Zudem verführe das Preissystem von Publibike zu wenig zu spontanen Fahrten. «Potenzielle Ad-hoc-Nutzende werden durch das Preissystem eher abgeschreckt.»

Neue Zielgruppen könne man mit Mobilitäts-Programmen wie «yumuv» anlocken. Diese bieten gleichzeitig den Zugang zu verschiedenen Mobilitätsoptionen von Leihfahrrädern bis E-Trottis.

Erstaunlich: Dass Leute Tricks einsetzen würden, um Publibike gratis zu nutzen, sei ein positives Zeichen, so Sauter-Servaes weiter. «Das zeigt, dass Publibike-Fahrten durchaus attraktiv sind.»

Subventionierung eine Überlegung wert

So oder so ist für den Mobilitätsforscher klar, dann urbanes Bikesharing «ein wichtiger Baustein im Verkehr der Zukunft» ist. «Insbesondere, wenn es in den ÖV integriert wird.» Wenn man weniger Autoverkehr wolle, müsse man die Alternativen stärken.

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In Bern – und in der ganzen Schweiz – sehr beliebt: Publibikes.
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So beliebt, dass es einige Personen gibt, die damit fälschlicherweise herumfahren.
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Das sei grundsätzlich positiv und zeige das Interesse der Bevölkerung, meint der Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes.
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Ausserdem sei das Publibike-Angebot nicht übermässig teuer, erklärt der Konsumpsychologe Christian Fichter. Die Preiswahrnehmung der Menschen sei aber subjektiv.

Also Publibike & Co. subventionieren? Subventionsüberlegungen kämen da aber ganz zum Schluss, so der Mobilitätsforscher, der im Studiengang «Mobility Science» die zukünftigen Verkehrsplanenden ausbildet.

Anders sieht es Konsumforscher Fichter: «Es ist eine Überlegung wert, Publibike im Sinne des nachhaltigen Mobilitätsverhaltens zu subventionieren.» Dies schon nur «deshalb, weil die Zurverfügungstellung von Gratis-Velos die Lebensqualität in grösseren Städten positiv beeinflussen würde».

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