Nach der Behandlung mit Zolgensma sind zwei Kinder an akutem Leberversagen verstorben, wie der Pharmakonzern Novartis bestätigte.
Zolgensma Novartis
Das Logo des Herstellers von Zolgensma an einem Produktionswerk des Pharmakonzerns. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach der Behandlung mit dem Novartis-Medikament Zolgensma sind zwei Kinder verstorben.
  • Trotz aller Tragik seien die Todesfälle in Relation zu betrachten.
  • Insgesamt wurden bereits mehr als 2000 Kinder mit dem Medikament behandelt.

Zwei Kinder sind nach der Behandlung mit der Novartis-Gentherapie Zolgensma an akutem Leberversagen verstorben. Dies hat der Pharmakonzern bestätigt. Die Todesfälle könnten die Diskussionen um die umstrittene Gentherapie weiter anheizen. Überdies könnte der Konzern auch einen Imageschaden davontragen.

Investoren reagierten bereits auf die Neuigkeiten: Am Freitagmorgen verzeichnete der Konzern einen Kursverlust von 1,1 Prozent.

Der Leitindex SMI tritt dagegen mehr oder weniger auf der Stelle. Die Papiere von Konkurrent Roche ziehen sogar um 1,1 Prozent an. Das lasse vermuten, dass Anleger ihr Geld vom einem Basler Konzern in den anderen verlagerten, heisst es am Markt.

Denn immerhin verfüge Roche mit seinem Arzneimittel Evrysdi über ein direktes Konkurrenz-Produkt zu Novartis Gentherapie. Eingesetzt werden beide zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA). Die SMA ist eine seltene Erbkrankheit, die in ihrer schwersten Form oft bereits im Alter von zwei Jahren tödlich endet.

Allerdings muss die Gentherapie nur einmal verabreicht werden, während Roches Mittel täglich geschluckt werden muss. Vor allem aber unterscheiden sich die beiden Mittel beim Preis: Die Novartis-Therapie gilt mit einem Preis von etwa zwei Millionen US-Dollar als eine der teuersten Therapien weltweit.

Roches Mittel ist auf den ersten Blick günstiger. Da liegen die jährlichen Behandlungskosten im höchsten Fall bei über 340'000 US-Dollar pro Jahr. Allerdings muss das Mittel auch lebenslang eingenommen werden.

Vielzahl von Rückschlägen auf dem Gebiet der Gentherapien

«Diese Nachrichten dürften die Diskussionen um Gentherapien erneut anheizen». Dies kommentierte Octavian-Analyst Michael Nawrath im Gespräch mit der Nachrichtenagentur «AWP». Es habe in den letzten 12 Monaten eine Vielzahl an Rückschlägen auf diesem Gebiet gegeben. Deshalb reagierten Patienten und Investoren noch sensibler auf derlei Nachrichten.

Novartis selbst hat in einer Stellungnahme zu den Todesfällen angekündigt: «In Übereinstimmung mit den Gesundheitsbehörden werden wir die Kennzeichnung aktualisieren, um darauf hinzuweisen, dass über tödliches akutes Leberversagen berichtet wurde».

Wie Experte Nawrath erklärt, sei dabei auch wichtig, dass es sich um die ersten Todesfälle dieser Art handelt. Man müsse nun abwarten, ob noch weitere folgten, oder ob es bei diesen Fällen bleibe.

Nawrath ergänzte: «Anzunehmen ist, dass einige Patienten jetzt vielleicht etwas vorsichtiger sind und lieber auf eine der Alternativen zu Zolgensma setzen». Neben Roche bietet noch Biogen eine Therapie an.

Bereits mehr als 2000 Kinder mit Zolgensma behandelt

Im Börsenhandel wiederum betonte ein Marktteilnehmer, dass man die Todesfälle in Relation setzen müsse. Immerhin seien mehr als 2000 Kinder bereits mit der Therapie behandelt worden.

Novartis selbst betont in der Stellungnahme denn auch, dass man auch weiterhin «an das insgesamt günstige Nutzen-Risiko-Profil von Zolgensma» glaube. Akutes Leberversagen sei eine bekannte Nebenwirkung, über die nach der Behandlung mit Zolgensma bereits berichtet wurde. Die beiden Patienten waren einige Wochen nach der Zolgensma-Therapie mit Steroiden behandelt worden, die zur Beherrschung von Sicherheitsrisiken eingesetzt werden.

Der Octavian-Analyst Nawrath hebt auch hervor, dass «neue» Nebenwirkungen bei jedem Medikament in den ersten Jahren der Vermarktung aufträten. Sowohl Nawrath als auch ein weiterer Experte sehen auch positive Zeichen: Dass Novartis keine Anstalten mache, die Therapie vom Markt zu nehmen, seien gute Nachrichten.

Zolgensma wurde im Mai 2019 in den USA zugelassen. Damit ist das Medikament erst die zweite Gentherapie für eine Erbkrankheit, die von der US-Gesundheitsbehörde FDA genehmigt wurde.

Novartis selbst hat die Therapie über den Zukauf von Avexis im Jahr 2018 erworben. Für knapp 9 Milliarden US-Dollar ins Portfolio geholt. Immer wieder wurde moniert, dass sich der Konzern die Therapie (zu) teuer erkauft habe.

Mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden US-Dollar zählte Zolgensma im vergangenen Jahr zu den 20 umsatzstärksten Medikamenten im Novartis-Portfolio.

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