In Steckborn TG sorgt eine Webseite gegen eine Notasylunterkunft im Dorf für Kritik. Den Vertretern wird Rassismus vorgeworfen.
Steckborn Asylheim
Eines der Pranger-Bilder soll einen betrunkenen Mann zeigen, wie es auf der IG-Website heisst. - ig-asyl-steckborn.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • In Steckborn TG wehren sich Anwohner gegen eine Asylunterkunft.
  • Die ergriffene Massnahme sorgt allerdings für Empörung.
  • Denn auf einer Webseite werden die Flüchtlinge an den Pranger gestellt.
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Die Thurgauer Gemeinde Steckborn ist in Aufruhr. Grund dafür ist eine Notasylunterkunft im Dorf – und eine umstrittene Webseite. Unter den Anwohnerinnen und Anwohnerin kommt es zum Zoff, berichtet das «Tagblatt».

In der Zivilschutzanlage von Steckborn sind derzeit Flüchtlinge untergebracht. Doch dem wollen einige nun ein Ende setzen. Denn sie fühlen sich in ihrem Wohnort «nicht mehr sicher» oder aber haben «Angst um ihre Kinder».

So heisst es auf der Webseite Interessensgemeinschaft (IG) Anwohner Asylunterkunft. Die Seite ging vor wenigen Tagen online. Das Ziel der Vertreterinnen und Vertreter: Die schnellstmögliche Auflösung des bestehenden Mietvertrages der Zivilschutzanlage der Stadt Steckborn mit dem SEM.

Asylunterkunft
Asylunterkunft. (Symbolbild)
Staatssekretariat für migration sem
Staatssekretariat für Migration (SEM). (Symbolbild)
Schuhe in einer Asylunterkunft
Schuhe in einer Asylunterkunft.

Oder mit anderen Worten: «Wir werden alle Schritte unternehmen, inklusive rechtlicher Schritte, um die teils strafbaren Handlungen zu ahnden, die Rechtssicherheit im Quartier wiederherzustellen, die Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen und die Anlage zu schliessen.»

Dazu wurde auch bereits eine Initiative eingereicht. Am 15. Februar wird eine ausserordentliche Gemeindeversammlung stattfinden.

Umstrittene Fotos und Videos veröffentlicht

Doch nicht alle unterstützen das Anliegen der IG-Vertreter. Insbesondere die ergriffene Massnahme – die Webseite – sorgt für Empörung. Denn darauf finden sich «Beweismittel», also Fotos und Videos von mutmasslichen Bewohnerinnen und Bewohnern der Asylunterkunft bei angeblichen Verstössen.

Steckborn Asyl
«Urinieren auf der Strasse», heisst es zu diesem Foto. Davon zu sehen ist allerdings nichts.
Steckborn Asyl
Dieses Bild soll den Betrunkenen zeigen.
Steckborn Asyl
Auch über Lärm in der Nacht beklagen sich die IG-Vertreter. Unter dem Begriff «Nachtruhe» findet sich dieses Foto. Darauf zu sehen ist ein Ambulanzwagen.
Steckborn Asyl
Die Stadt verdiene mit Asylsuchenden auf Kosten der Sicherheit der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern, lautet ihr Vorwurf.

Das Problem: Es lässt sich teilweise gar nicht beweisen, dass es sich dabei um die in der Notunterkunft untergebrachten Flüchtlinge handelt. Und auch die vorgeworfenen Sachverhalte sind auf den Bildern nicht klar ersichtlich.

Sind Sie zufrieden mit der Schweizer Asylpolitik?

So ist eines der Fotos mit «Urinieren auf der Strasse» angeschrieben. Doch auf dem Bild ist davon nichts zu erkennen. Unter einer weiteren Aufnahme steht «Betrunkener wochenlang in Steckborn» – doch auch da lässt sich der Vorwurf nicht bestätigen. Denn das unscharfe Beweisfoto zeigt lediglich einen Mann beim Gehen.

«Ist rassistisch»

In Steckborn zeigt man sich schockiert. Eine Anwohnerin übt in der Lokalzeitung «Bote vom Untersee und Rhein» in einem Leserbrief scharfe Kritik: «Es ist für mich rassistisch, Menschen, die friedlich die Strasse entlang gehen, als Problembeschreibung zu zeigen.»

Steckborn
Blick über Steckborn im Kanton Thurgau. (Archivbild) - keystone

Auch auf Facebook zeigen sich Bewohnerinnen und Bewohner entrüstet. Einige schämen sich für Steckborn, andere verurteilen das an den Pranger stellen aufs Schärfste.

Mitte Februar wird die Gemeinde über die Zukunft der Notasylunterkunft entscheiden. IG-Mitglied Michael Meni fürchtet derweil keinen Imageschaden für Steckborn.

Er sagt gegenüber dem «Tagblatt»: «Wir müssen die Augen aufmachen! Und mir sagen auch Leute, dass endlich mal jemand aufsteht.» Steckborn sei das kleine gallische Dorf, das sich gegen eine menschenunwürdige Asylpolitik zur Wehr setzt, meint er.

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