Wer sein Geld auf dem Bankkonto parkiert, erhält schon seit langer Zeit bei den meisten Instituten keinen Zins oder wird gar mit Negativzinsen «bestraft». Aufgrund der aktuell hohen Inflation entwertet sich das Ersparte auch noch schneller. Die Bank-App Yuh ist nun aber vorgeprescht und zahlt seit Anfang Monat wieder Zinsen auf das Ersparte - wohl vor allem aus Marketingzwecken.
Negativzinsen auf dem Konto nagen an dem Geld von immer mehr Bankkunden.
Negativzinsen auf dem Konto nagen an dem Geld von immer mehr Bankkunden. - Fabian Sommer/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Laut Branchenexperten dürfte es noch eine Weile dauern, bis die «Zinswende» auf den Konten der Bankkundschaft ankommt.

Zumal der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit -0,25 Prozent noch immer im negativen Bereich liegt. Die Erwartung ist allerdings, dass die SNB noch im laufenden Monat den Leitzins auf null oder gar in den positiven Bereich anhebt.

In den letzten Monaten liess eine Schweizer Bank nach der anderen wenigstens davon ab, die Kundschaft mit Negativzinsen vom «Parkieren» von viel Kapital abzuhalten. Nun lassen sich seit September sogar wieder Zinsrenditen mit dem «Sparbatzen» erzielen - wenn auch angesichts der Inflation verschwindend kleine.

Denn kürzlich kündigte die Bank-App Yuh an, neu alle Bargeldbestände von bis zu 25'000 Franken oder bis zu 25'000 Euro mit 0,25 Prozent zu verzinsen. Für einen Betrag bis zu 25'000 US-Dollar erhalten die Sparer gar einen Zinssatz von 0,5 Prozent. Vor gut einem Jahr wohl noch undenkbar.

Yuh ist ein Gemeinschaftsprojekt der Postfinance und Swissquote. Die Finanz-App operiert unter der Banklizenz von Swissquote und wird den Angaben zufolge aktuell von über 75'000 Kunden genutzt.

Das Vorpreschen von «Yuh» wird von Beobachtern aber insgesamt als ein «marketinggetriebenes» Strohfeuer zur Kundengewinnung gesehen. So bezeichnet etwa der Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen IFZ, Andreas Dietrich, den «Yuh-Coup» von Ende August als einen «gelungenen Marketing-Gag».

Die damit verbundene «mutmassliche Zinswende» habe indes vor allem bei den Online-Banken einen einfachen Grund: Kundengewinnung. «Ein neuer Kunde kostet pro Kopf rund 200 Franken», erklärt der Finanzexperte.

Je nach eingebrachten Vermögenswerten - im Schnitt seien es etwa 7'500 Franken - lohne sich eine solch kleine Verzinsung als Kontrastierung zur Konkurrenz durchaus, erläutert Dietrich und ergänzt: «Meistens lohnt es sich aber natürlich nur für die Bank.» Denn vor allem die neuen Anbieter auf dem Bankenmarkt seien auf möglichst rasch steigende Nutzerzahlen angewiesen.

So zahlt etwa die in Grossbritannien ansässige Revolut aktuell 70 Euro für die Werbung eines neuen Nutzers durch bestehende Kunden. Der Zinsschritt von Yuh sei demnach ein relativ günstiges Mittel, um Kunden zu gewinnen.

Eher zurückhaltend gibt sich derweil die Konkurrenz. Die Bank Cler etwa, welche mit dem Bank-App-Angebot «Zak» ebenfalls eine kostenlose Kontolösung anbietet, bleibt vage: «Wir verfolgen und prüfen das momentane Marktgeschehen sehr aufmerksam», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Auf dieser Basis treffe man Entscheidungen für weitere Massnahmen.

Bis ein grosser Kreis an Bankkunden also wieder in den Genuss von Zinsen kommt, dürfte es also noch eine Weile dauern, vor allem was das Privatkonto betrifft. «Denn die meisten Sparkonten hatten immer einen Zins», hält Benjamin Manz, Geschäftsführer des Vergleichsportals Moneyland.ch auf Anfrage fest. Allerdings seien diese Sparkonten-Zinssätze für Erwachsene immer noch «auf sehr tiefem Niveau.»

Speziell am Yuh-Angebot sei zudem, dass die Verzinsung in Kombination mit einem Gratiskonto zu den Höchsten im Vergleich mit anderen Schweizer Banken gehöre. Im Bereich Privatkonten sei es sogar «einmalig», wenn man die Rendite mit den anderen wichtigen Banken vergleiche, erklärte Manz.

Auch Dietrich geht davon aus, dass mittel- bis langfristig wieder flächendeckend Zinsen auf das Ersparte gezahlt werden, sofern die Zinswende der Notenbanken nicht wieder abgeblasen wird. Angesichts der geltenden Liquiditätsvorschriften dürfte dies aber vor allem für Sparkonti der Fall sein: «Es würde mich daher sehr wundern, wenn arrivierte Banken in den nächsten Jahren auch wieder Zinsen für Privatkontoguthaben ausbezahlen würden».

Generell rechnet Dietrich eher damit, dass die Banken wieder zum Modell zurückkehren werden, das die Sparkontoguthaben den Privatkontoguthaben vorzieht. «Sei es durch noch attraktivere Kassenobligationen oder einen Zinsunterschied zwischen den Konten.»

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