Wird die «Parkhausmörderin» aus der Verwahrung entlassen?
1993 wird Caroline H., damals 20 Jahre alt, wegen 40 Brandstiftungen angeklagt. Eine Zuchthausstrafe mit anschliessender Verwahrung hält sie dreieinhalb Jahre von der Öffentlichkeit fern.
Was zu dem Zeitpunkt noch niemand wusste: Ein Mord aus dem Jahr 1991 geht ebenfalls auf ihr Konto – zumindest gesteht sie ihn später. Es ist der Mord, der ihr den Beinamen «Parkhausmörderin» verschafft.
Denn im Zürcher Parkhaus Urania geht damals eine 29-jährige Frau auf Absatzschuhen vorbei. Es ist das Klackern der Absätze, das Caroline H. nach eigener Aussage in Rage bringt. Sie sticht auf die Frau ein – das Opfer stirbt.
Mehrere Morde – Hass auf Frauen
Sechs Jahre nach dem Mord ist Caroline H. wieder frei – und begeht ihrem Geständnis nach einen weiteren Mord. In der Nähe des Chinagartens sticht sie über 30 Mal auf eine 61-Jährige ein, schlägt ihr danach mehrfach mit einem schweren Stein auf den Schädel.
Der nächste Angriff findet im März 1988 statt: Das Opfer der Messerattacke ist eine ältere Dame in einer Zürcher Buchhandlung. Sie kann gerade eben durch einen Arzt gerettet werden.
Zwei Monate später wird die «Parkhausmörderin» festgenommen. Wie die «NZZ» resümiert, gesteht sie die Taten. Sie verachte Frauen und verspüre Lust, diese zu töten – ihr wird Mordlust diagnostiziert.
Von der Isolation zurück in den «normalen» Alltag
Für Caroline H. folgt Isolation unter strikter Einzelhaft und ständiger Überwachung. Wie «lebendig begraben» beschreibt ihr Anwalt die Massnahmen.
Doch nach vielen Jahren der Isolation wird eine Veränderung bei der Verurteilten beobachtet: Sie zeige enorme positive Entwicklungen. Die Massnahmen werden gelockert.
Erst mit Spaziergängen, dann mit begleiteten Ausgängen. Schliesslich wird sie 2022 Teil einer Wohngruppe mit 17 anderen Insassinnen und zwei Katzen. Gemeinsames Kochen und Fernsehen werden zum Teil ihres Alltags.
Der Psychiater Henning Hachtel spricht von verbesserter therapeutischer Erreichbarkeit und guten Erfolgschancen für eine stationäre Massnahme. «Ich halte eine weitere Verringerung der Rückfallgefahr in den nächsten fünf Jahren für möglich», sagt er.
«Habe kein Bedürfnis mehr, Gewalt auszuüben»
Vergangenen November stellten die Justizbehörden in Zürich einen Antrag auf eine stationäre Massnahme anstelle der ordentlichen Verwahrung. «Bewährt sich eine Person nicht, kann erneut eine Verwahrung angeordnet werden», äussert Jérôme Endrass als stellvertretender Leiter des Zürcher Amts für Justizvollzug.
Die Verurteilte spricht vor Gericht selbst von ihrem Fortschritt: «Ich habe gelernt zu kommunizieren. Die ständige Angst vor meinem Umfeld ist auch nicht mehr da. Ich habe auch kein Bedürfnis mehr, Gewalt auszuüben.»
«Parkhausmörderin» widerruft Geständnisse
Was neu ist: Dass sie die Morde damals begangen habe, bestreitet sie heute. Der Richter will von ihr wissen, warum sie nach dem Geständnis ihre Meinung geändert hat.
«Ich wäre wahrscheinlich auch ohne die Tötungsdelikte sehr lange im Gefängnis gewesen», sagt Caroline H. «Ich lebte damals in einer Welt, in der die Taten plausibel erschienen.»
Hast du von dem Fall der «Parkhausmörderin» gehört?
Die Staatsanwaltschaft sieht die Voraussetzungen für eine stationäre Massnahme als nicht erfüllt. Man sehe ausserhalb eines Gefängnisses weiterhin eine grosse Gefahr von der «Parkhausmörderin» ausgehen. Der Oberstaatsanwalt verweist im Entscheidungsprozess auf wohlüberlegtes Handeln ohne voreilige Schritte.
Am 30. August wird das Bezirksgericht seinen Entscheid zu einer Beendigung oder Aufrechterhaltung der Verwahrung verkünden.