«Carlos» entgeht beim Gerichtsurteil der Verwahrung, erhält also noch eine Chance zur Rezosialisierung. Wie stehen seine Chancen auf ein Leben in Freiheit?
Carlos
Im Fall «Carlos» wurde ein Urteil gesprochen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Carlos» wird nicht verwahrt und erhält noch eine Chance in Zukunft in Freiheit zu leben.
  • Ein Reintegrationsexperte sieht für ihn durchaus Chancen.

Das Bezirksgericht Dielsdorf hat das Urteil im Fall von Brian alias «Carlos» verkündet. Es wurde eine stationäre Massnahme angeordnet, was der kleinen Verwahrung entspricht.

Das Gericht sieht von einer ordentlichen Verwahrung ab und lässt dem Jugendlichen somit eine Chance zur Resozialisierung offen. Doch wie stehen die Chancen, dass sich der Straftäter in der Gesellschaft eingliedert?

Reintegrationsexperte sieht Chancen für «Carlos»

Franz Zahradnik forscht am Institut für Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich. Er arbeitet derzeit an einer neunjährigen Studie zur Reintegration verurteilter Straftäter.

Brian Carlos Zürich
Brian K. wurde zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten verurteilt. - Keystone

Auf Anfrage von Nau sagt er, klare Prognosen seien schwierig. Denn viele Faktoren werden seine Entwicklung beeinflussen. Wie die psychische Entwicklung, die ihm gebotenen Chancenstruktur sowie auch die Einflüsse der weiteren Berichterstattung.

«Grundsätzlich können wir vor dem Hintergrund unserer mehrere Jahre überspannenden Forschung aber sagen, dass auch in Fällen, die anfänglich wenig Grund für optimistische Einschätzungen gaben, deutliche Entwicklungsfortschritte in Richtung einer gesellschaftlichen Wiedereingliederung beobachtet werden konnten.»

Fall Brian «Carlos» Psychiater
Gerichtsskizze vom Fall Brian alias «Carlos». - Keystone

Die Forschenden hätten beobachtet, dass die jungen Männer häufig zu Beginn die Massnahmen ablehnten. Die starke Strukturierung des Alltags würden sie als übergriffig empfinden.

Mit der Zeit könnte aber mit dem Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zu den Betreuungspersonen ein Wandlungsprozess stattfinde. Und damit die sozial erwünschten Verhaltensweisen erzielt werden, so Zahradnik.

Gesellschaftliche Reaktion entscheidend

Der Erziehungswissenschaftler sieht beim Übergangsmanagement am Ende der Massnahme einen wichtigen Faktor. Dann geht es darum, die Entwicklungen vom geschlossenen Bereich in die Freiheit zu überführen.

«Entscheidend wird wohl sein, wie sich die gesellschaftlichen Reaktionen nach der Entlassung allgemein gestalten werden. Es ist wahrscheinlich, dass eine ständige Beobachtung und Berichterstattung, insbesondere wenn diese mit Negativ-Klassifizierungen und Vorverurteilungen arbeitet, einen destabilisierenden Einfluss auf den Wiedereingliederungsprozess haben wird,» schliesst der Experte ab.

Laut Statistik hohes Rückfallrisiko

Betrachtet man die Zahlen des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2017, ist das Rückfallrisiko von «Carlos» hoch. Als Risikofaktoren sind in den Statistiken das Geschlecht, die Anzahl Straftaten und das Alter aufgeführt.

Jugenstrafurteilstatistik
Die Rückfallquote steigt mit der Anzahl der Delikte. - Bundesamt für Statitik

Männer mit mehr als vier Straftaten, wobei die erste unter 18 Jahren stattfand, haben das höchste Rückfallrisiko. Alles trifft auf «Carlos» zu.

Die Anzahl der Vorstrafen scheint den grössten Einfluss auf das Rückfallrisiko zu haben. 64 Prozent der Jugendlichen mit vier oder mehr Vorstrafen wurden gemäss Statistik rückfällig. «Carlos» wurde wegen insgesamt 29 Delikten angeklagt.

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