Nicht nur der Adventskalender ist vor Weihnachten angesagt, auch die Elfen-Streiche sind beliebt. Doch dieses Ritual kann die Kinder mächtig unter Druck setzen.
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Die Streiche der Weihnachts-Elfen sind vielfältig. Und sorgen auch für Kritik. - Instagram
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein 2004 in den USA geborenes Vorweihnachts-Ritual schwappt in die Schweiz über.
  • Elfen kommen bei den Kindern vorbei, spielen Streiche und kontrollieren, ob sie brav sind.
  • Die US-Tradition ist aber nicht nur sinnvoll, kritisieren Kinderpsychologen.

In immer mehr Schweizer Haushalten ziehen vor Weihnachten nebst den Adventskalendern auch kleine Weihnachts-Elfen ein. Die süssen Puppen haben Streiche für die Kinder im Gepäck. Sie sollen dem Weihnachtsmann rapportieren, ob sich diese auch artig verhalten.

Dass die Elfen-Streiche bei Schweizer Familien beliebt sind, zeigen nicht nur die vielen Beiträge auf Instagram, sondern auch die Verkaufszahlen. 2022 hat Digitec Galaxus auf den Elfen und ihrem Zubehör ein Absatzwachstum von 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet.

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Das ist das zurzeit beliebteste Elfen-Produkt bei Galaxus.
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Die Eltern inszenieren für die Kinder die kleinen Streiche der Elfen.
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Die Elfen schnappen sich zum Beispiel morgens den Föhn.
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Ooops – da haben die Elfen das Lavabo verschmutzt.
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Oder sie kochen schon mal das Menu für den Weihnachtsabend.

Das aktuell beliebteste Produkt bei Schweizern ist eine sogenannte Elf-on-the-Shelf-Box (Deutsch: Elf-auf-dem-Regal-Box) mit dem gleichnamigen US-Kinderbuch und einer Puppe, wie es auf Anfrage heisst.

«Schadet, wenn es von Eltern als Erpressung eingeführt wird»

Doch Erziehungs-Experten finden nicht nur Gefallen am Brauch, den es erst seit 2004 gibt.

Kinder- und Jugendpsychologe Philipp Ramming sieht in dem Ritual die Gefahr, dass sie als Drohkulisse verwendet wird. Die Elfen als Erziehungsersatz einzusetzen, findet er nicht produktiv. «Das mit der Überwachung schadet, wenn es von den Eltern auch so im Sinne einer Erpressung eingeführt wird.»

Finden Sie Rituale wie Elfen-Streiche sinnvoll für Kinder?

Anders sei es, wenn es vornehmlich darum gehe zu lernen, was es heisse, sich gesellschaftlich verantwortungsvoll zu verhalten. Dann könne das Ritual vor Weihnachten auch Spass und Sinn machen.

Ramming gibt zu bedenken: Dieselbe Diskussion sei schon beim Samichlaus geführt worden. Also die Frage, ob dies nun schwarze Pädagogik sei – Erziehungsmethoden mit Strafen, Kontrolle, Gewalt oder Einschüchterung.

Elfen-Ritual vor Weihnachten «kann Kinder stressen»

Tina Hascher findet Geschichten, die Kinder dazu motivieren sollen, «brav» zu sein, wenig sinnvoll. Die Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität Bern erklärt bei Nau.ch: «Erstens wissen die Kinder nicht, was brav sein bedeutet und stehen damit unter Generalverdacht, eben nicht brav zu sein.»

Zweitens: «Die Eltern bedienen sich einer Stellvertretung für die Verhaltenskontrolle. Das kann sich möglicherweise ungünstig auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern auswirken.»

Drittens könne diese fiktive Kontrollinstanz die Kinder beunruhigen und verunsichern, so Hascher. Es entstehe eine Wenn-dann-Relation, «welche die Kinder stressen kann», so die Erziehungs-Expertin. «Denn wer ist schon immer brav?»

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Glauben die Kinder dem Elfen-Ritual, müssen die Geschenke an Weihnachten verdient sein. - keystone

Zudem würden die Kinder dabei lernen, dass ihnen ihre Eltern nichts aus Liebe schenken würden, sondern aufgrund eines bestimmten Verhaltens. «Und schliesslich verlieren solche Rituale ihre Wirkung, sobald die Kinder nicht mehr an Elfen glauben.»

Es gebe durchaus Situationen, in denen fiktive Figuren dem Kind helfen könnten, seine Ziele zu erreichen. Zum Beispiel, in dem es dem Samichlaus die Windel mitgibt, weil es nun selbst auf die Toilette gehen kann.

Doch Tina Hascher findet grundsätzlich, dass solche Rituale in der Adventszeit keinen Platz haben. «Die Zeit vor Weihnachten sollte für Kinder – und ebenso für Erwachsene – eine schöne Zeit sein. Eine Zeit des Miteinanders und der Beziehungen. Solche Rituale stören diese.»

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