Seit einigen Tagen wohnen erste Flüchtlinge in der neuen Unterkunft in Windisch AG. Vorherige Mieter müssen Platz machen – sie fühlen sich im Stich gelassen.
Bilder von Mitte September 2023: In dieses Mehrfamilienhaus in Windisch AG sind nun die ersten Asylsuchenden eingezogen. - Nau.ch / Drone-Air-Media.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Anfang September ist die neue Asylunterkunft in Windisch AG in Betrieb.
  • Einige Ex-Mieter mussten ihre Wohnung verlassen, andere haben eine längere Frist erhalten.
  • Nau.ch hat mit zwei betroffenen Personen gesprochen.
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Ende Februar gibt der Kanton Aargau bekannt, dass in Windisch eine neue Asylunterkunft entstehen soll. Dass dafür 49 Personen aus ihren Wohnungen ausziehen müssen, sorgt in der Gemeinde für Aufruhr – und Beschwerden.

Damals heisst es, dass den bisherigen Mietern per Ende Juni gekündigt werde. Später entschuldigt sich der Kanton, hält jedoch trotz Widerstand am Vorhaben fest.

Mieterstreckung nach Protest bei Schlichtungsbehörde

Mittlerweile sind einige Monate vergangen. Seit Anfang Monat wohnen nun die ersten Asylsuchenden in der neuen Unterkunft. Das bestätigt die Gemeinde auf Anfrage.

Wie der Kantonale Sozialdienst auf Anfrage sagt, sind derzeit sieben minderjährige Asylsuchende eingezogen. Platz hat e für bis zu 50.

Noch sind einige wenige der bisherigen Mietenden weiterhin da.

Nau.ch hat mit betroffenen Personen gesprochen. Eine Bewohnerin sagt: «Einige sind schon ausgezogen. Gerade Einzelpersonen, die hatten es aber auch leichter, etwas zu finden.»

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Auf diesem Gelände in Windisch AG ist eine Asylunterkunft entstanden.
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49 Mietparteien erhielten dafür per Ende Februar die Kündigung.
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In der Gemeinde sorgte das Vorgehen des Kantons für mächtig Wirbel.
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Einige der bisherigen Bewohner wehrten sich bei der Schlichtungsbehörde. Sie haben eine verlängerte Frist erhalten.
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«Es ist nicht leicht, etwas Neues hier zu finden. Es gibt nur ganz wenige günstige Wohnungen hier», sagt eine Betroffene gegenüber Nau.ch.
Windisch
Seit Anfang September wohnen erste junge Asylsuchende in der Unterkunft.

Viele der Familien mit Kindern hätten sich bei der Schlichtungsbehörde gewehrt. «Sie haben eine Mieterstreckung von zwei Jahren erhalten. Bei Einzelpersonen ist es ein Jahr, so viel ich weiss.» Drei Familien und mindestens vier Einzelpersonen würden weiterhin in den Gebäuden wohnen, sagt sie.

«Nicht leicht, etwas Neues zu finden»

Die Situation sei trotz der Mieterstreckung schwierig, so die Bewohnerin. Das Problem: Die Wohnungen, aus denen die Betroffenen ausziehen müssen, sind billig. «Es ist nicht leicht, etwas Neues hier zu finden. Es gibt nur ganz wenige günstige Wohnungen hier.»

Einige seien in einer Genossenschaft untergekommen. «Das ist super, die zahlen dort etwa gleich viel wie hier.» Andere würden aber jetzt «mehr bezahlen». Wie viel genau, weiss sie nicht.

Leben Sie in einer Mietwohnung?

Generell sei die Angst bei den Verbliebenen gross, dass man aus Windisch wegziehen muss. «Viele haben hier schulpflichtige Kinder und wollen nicht weg.» Emotional könne das sehr belastend sein. «Eine Familie wollte schnell ausziehen, um dem Konflikt zu entfliehen.»

Am traurigsten findet die Mieterin, dass die Gemeinschaft im Haus auseinandergerissen wurde. «Das ganze Haus war voller Kinder, wir haben gegenseitig gehütet und zusammen gegessen. Das fehlt uns jetzt.»

Von Behörden im Stich gelassen

Bereits ausgezogen ist ein anderer Bewohner der Liegenschaft. Er fühle sich von den Behörden «im Stich gelassen», wie er nun gegenüber Nau.ch erzählt.

«Der Vermieter hat uns angeboten, bei der Wohnungssuche behilflich zu sein. Es kamen vielleicht zwei Vorschläge, dann ist gar nichts mehr passiert.» Zudem seien die Vorschläge nicht zufriedenstellend oder sehr weit weg gewesen.

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Das neue Asylheim sorgt in Windisch AG für Wirbel. - keystone

Auch von der Gemeinde sei – abgesehen von den 500 Franken für den Umzug – keine Unterstützung gekommen. «Eigentlich hat man mir sowieso gesagt, dass der komplette Umzug übernommen wird. Notfallmässig konnte ich dann in die Wohnung eines Freundes ziehen.»

Eine Sache stört den Ex-Bewohner ganz besonders: «Zwei Tage lang stand ein riesiger Container vor der Unterkunft. Sämtliche Möbel haben sie einfach weggeschmissen.» Bei Dingen wie Matratzen könne er das ja noch verstehen. «Aber gerade Sozialhilfebezüger wären teilweise sehr froh um Möbel, wie jene, die hier im Container landeten.»

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