Eine Gastprofessorin an der Universität Zürich hatte auch einen Lehrstuhl an einer islamisch-konservativen iranischen Universität inne. Dies wirft Fragen auf.
Professorin Universität Zürich Iran
Eine Gastprofessorin an der Universität Zürich sorgt mit scheinbar mangelnder Distanz zum islamistischen Regime in Iran für Schlagzeilen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Gastdozentin an der Uni Zürich macht mit Verbindungen zum Islamismus Schlagzeilen.
  • Saida Mirsadri verbreite keine antisemitische oder islamistische Propaganda, so die Uni.
  • Ein iranischer Historiker warnt dennoch vor autoritärer Einflussnahme an Hochschulen.
Ad

Die Medien würden ein Narrativ verstärken, dass das Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung der Frauen sei. Im Iran herrsche kein islamistisches Regime. Diese relativierenden Aussagen irritieren – insbesondere vor dem Hintergrund der Ermordung einer 22-jährigen Iranerin durch die Sittenpolizei im Oktober 2022.

Die Aussagen irritieren umso mehr, da sie von Saida Mirsadri stammen. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, ist sie eine iranische Gastprofessorin am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Zürich.

Professorin Universität Zürich Iran
Saida Mirsadri war im Herbstsemester 2023 und im Herbstsemester 2022 Gastprofessorin für Islamische Theologie und Bildung an der Universität Zürich. - Religionswissenschaften UZH

Für Kritiker sind es genau solche Relativierungen, mit denen das islamistische Regime in Iran versucht, sein Image im Westen aufzupolieren. Der iranischstämmige Historiker Kijan Espahangizi erklärt gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Akademische Beziehungen sind Teil einer grösseren Soft-Power-Strategie, die von Wirtschaftsbeziehungen, Kulturprojekten, Think-Tanks bis hin zu religiösen Zentren reicht.»

Verbindungen zu extremistischer Universität

Mirsadri gebe sich nach aussen hin aufgeschlossen und modern, setze sich für Frauenrechte ein und kritisiere klassische islamische Positionen. Bis vor kurzem hatte die Iranerin aber einen Lehrstuhl an der islamisch-konservativen iranischen Universität der Religionen und Konfessionen (URD) inne. Für die «NZZ am Sonntag» steht fest: Mirsadri fungiert als «langer Arm Teherans.»

Revolutionsgarde Iran Universität Zürich
Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde skandieren antiwestliche und antiamerikanische Parolen an einer Veranstaltung. (Archivbild) - keystone

Die URD ist bekannt für ihre Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden und zur islamistischen Hisbollah. Der iranische Aussenminister Mohammad Javad Zarif bezeichnet die Hochschule als «sehr gutes Kapital für die Aussenpolitik unseres Landes.»

Mangelnde Distanz zum Islamismus?

Überdies ist Mirsadri bereits mehrmals durch eine scheinbar mangelhafte Distanz zum Mullah-Regime in Iran und islamistischen Organisationen aufgefallen: So hatte sie erst kürzlich den iranischen Philosophen Abdolkarim Soroush für ein Referat nach Zürich eingeladen.

Der ehemalige Weggefährte des Revolutionsführers Ajatollah Khomeiny gilt als Regimekritiker. In seinen Videos auf YouTube hetzt er allerdings gegen den Westen und insbesondere gegen Israel. In einem Video unterstützt er gar die Terrororganisation Hamas.

Ihren Lehrstuhl an der URD wiederum verdankte sie dem Führer der Universität und ehemaligem iranischen Revolutionsgardisten, Seyed Abolhassan Navab. Nachdem die «NZZ am Sonntag» die Universität Zürich mit Misadris URD-Verbindungen konfrontiert hatte, verschwand der entsprechende Eintrag von der URD-Website.

Professorin Universität Zürich Iran
Demonstrierende an einer anti-israelischen Kundgebung im Iran verbrennen eine Israel-Flagge. (Symbolbild) - keystone

Die Medienstelle der Universität Zürich erklärte daraufhin, dass Mirsadri ihre Verbindung zur URD und zum Lehrstuhl letzte Woche aufgelöst habe. Sie sei dort nur als «assoziierte Forscherin» ohne Anstellung oder Bezahlung tätig gewesen. Sie halte eine Verbindung zur URD aufgrund der politischen Haltung derselben für «nicht angemessen».

Universität Zürich sieht keine Indizien für Propaganda

Weshalb die Iranerin als ehemalige Studentin die politische Einstellung der Hochschule erst jetzt erkennt, bleibt aber unklar. Trotz der umstrittenen Äusserungen betont die Medienstelle der Universität Zürich: Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass Mirsadri in ihren Vorlesungen antiisraelische, antisemitische oder islamistische Propaganda verbreite.

Gleichzeitig ist bekannt, dass autoritäre Staaten auch an Schweizer Hochschulen aktiv sind: Entsprechende Anträge von Studierenden aus Staaten ausserhalb des EU- oder Efta-Raumes werden deshalb vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) geprüft. Ob auch der Iran dazugehöre, will der NDB auf Anfrage der «NZZ am Sonntag» nicht bestätigen.

Glauben Sie, dass autoritäre Staaten über Schweizer Hochschulen versuchen, ihren Einfluss im Westen auszubauen?

Espahangizi ist jedoch überzeugt: «Wir müssen viel genauer hinschauen, wie islamistische Akteure versuchen, Einfluss im Westen zu gewinnen». Gegenüber der «NZZ am Sonntag» fordert er mehr Aufmerksamkeit für solche Fälle an Schweizer Hochschulen. Ob Mirsadri nach Ablauf ihrer Gastprofessur erneut an die Universität Zürich berufen wird, ist bisher unklar.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Nachrichtendienst des BundesUniversität ZürichHisbollahYoutubeHamasNZZEU