Ukrainer und Russen an derselben Konferenz in Genf – kein Treffen
Die Spitzen der Parlamente der Ukraine und Russlands waren in Genf. Zu einem Treffen kam es aber nicht.

Delegationen des russischen und des ukrainischen Parlaments haben am Dienstag an der Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) der Vereinten Nationen in Genf teilgenommen. Ein Treffen der beiden Delegationen stand allerdings nicht auf der Tagesordnung.
Die Schweiz als Gastgeberland hatte die Sanktionen gegen Russinnen und Russen vorübergehend aufgehoben, um die Teilnahme von Walentina Matwijenko, der Präsidentin des Föderationsrates, des Oberhauses des russischen Parlaments, an dieser sechsten internationalen Konferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten zu ermöglichen.

Die 76-Jährige steht als glühende Befürworterin des vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen militärischen Überfalls auf die Ukraine auf westlichen Sanktionslisten – jenen der USA, der EU und der Schweiz. Neben Matwijenko waren auch die ebenfalls sanktionierten russischen Duma-Politiker Leonid Sluzki und Pjotr Tolstoi bereits am Montag in Genf.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hatte Mitte Juli auf Anfrage von Keystone-SDA erklärt, dass die Schweiz als Gaststaat dafür zuständig sei, die Einreise der offiziellen Delegierten zu erleichtern. Falls nötig, sollten die Sanktionen vorübergehend aufgehoben werden, um an internationalen Konferenzen teilzunehmen oder sich an einem politischen Dialog über die Ukraine zu beteiligen.
Ukraine schockiert über Aufhebung der Sanktionen
Olena Kondratiuk, Vizepräsidentin des ukrainischen Parlaments, zeigte sich darüber schockiert, dass auch die russische Delegation in Genf anwesend war. Sie forderte die Konferenzteilnehmer auf, alle öffentlichen Veranstaltungen mit ihrem russischen Amtskollegen zu boykottieren, da jedes Foto oder Händeschütteln mit ihr bedeute, sich auf die Seite des Aggressors zu stellen.
Seit Putins Befehl zum Überfall die Ukraine im Februar 2022 überzieht die russische Armee das angegriffene Nachbarland Tag für Tag und Nacht für Nacht mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen, angeblich auf militärische Ziele, aber zumeist auf zivile. So sterben beinahe täglich Zivilisten.
Der russische Präsident selbst wird seit März 2023 vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl als Kriegsverbrecher gesucht. Putin spricht der Ukraine das Recht auf staatliche Souveränität ab.
Die sogenannte militärische Spezialoperation – der Begriff des Kremls zur Verschleierung der Vollinvasion der Ukraine – wird in Moskau unter anderem damit begründet, einen Beitritt der Ukraine zum westlichen Militärbündnis NATO zu verhindern und ein angebliches Nazi-Regime in Kiew zu beseitigen.