Tote in Berikon AG: Schon 14-Jährige sollen in den Knast
Der tödliche Streit zweier Mädchen in Berikon heizt die Debatte um ein verschärftes Jugendstrafrecht an. SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel prüft eine Anpassung.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat stimmte kürzlich für ein verschärftes Jugendstrafrecht.
- SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel will die Altersschwelle allenfalls auf 14 Jahre senken.
- Grünen-Nationalrätin Meret Schneider ist vehement dagegen.
Zwei Teenagermädchen fechten im Wald einen Streit aus – mit tödlichen Folgen. Der Fall aus Berikon AG sorgt für grosses Entsetzen.
Festgenommen wurde ein 14-jähriges Mädchen. Das 15-jährige Opfer, angeblich die beste Freundin, verstarb trotz Reanimationsversuchen mutmasslich an Stichverletzungen.
«Es erschreckt mich und macht mich traurig, dass sogar 14-Jährige zu solchen Taten fähig sind.» Dies sagt SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel zu Nau.ch.
Sie prüfe deshalb eine Anpassung und Diskussion ihres aktuellen Vorstosses. «Ich kann mir durchaus vorstellen, die Schwelle bei 14 bis 16 Jahren anzusetzen.»
Längerer Freiheitsentzug
Der Fall aus Berikon AG heizt die Debatte um ein verschärftes Jugendstrafrecht an. Kürzlich nahm der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss von Nina Fehr Düsel an. Dieser fordert, dass für Jugendliche bei schweren Verbrechen unbedingte Strafen gelten.
Bei 15-Jährigen will Fehr Düsel den maximalen Freiheitsentzug von einem auf zwei Jahre erhöhen. Ab 16 Jahren soll man nicht mehr vier, sondern bis zu sechs Jahre Freiheitsentzug kassieren können.
Jugendliche, die besonders schwere Straftaten begangen haben, sollen nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden. Kooperieren Jugendliche bei Massnahmen nicht, droht eine Gefängnisstrafe.
Fall in Berikon und Zunahme von Delikten
«Der Fall in Berikon bestätigt den negativen Trend leider», sagt Juristin Fehr Düsel.
Tatsächlich nimmt die Zahl der unter 15-jährigen Täter laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) zu. In den letzten Jahren gab es rund 60 Prozent mehr Delikte.
Düsel rechnet damit, dass das Alter bei jugendlichen Straftäterinnen und -tätern weiter sinken wird.
Dafür macht sie auch Social Media verantwortlich. «In vielen Konflikten bei Kindern und Jugendlichen spielt Social Media eine Rolle.» Typisch dafür sei etwa Cybermobbing. «Leider spielt auch die Zuwanderung eine Rolle, gerade bei Messerstechereien.»
«Höchstens bedingte Strafen»
Ihr gehe es nicht darum, Jugendliche für Bagatellen ins Gefängnis zu stecken, sagt die Nationalrätin. Es brauche jedoch ein Jugendstrafrecht, das nicht nur resozialisierend, sondern auch abschreckend wirke.
Dafür muss laut Fehr Düsel die Schwere des Delikts und nicht nur das Alter im Zentrum stehen.
Jugendliche Täter nähmen ihre Delikte oft auf die leichte Schulter, sagt sie. «Weil sie hier in der Schweiz höchstens bedingte Strafen zu befürchten haben.»
«Wird Problem noch verschlimmern»
Das Tötungsdelikt in Berikon macht auch die grüne Sicherheitspolitikerin Meret Schneider fassungslos. «Das ist katastrophal und furchtbar schlimm – keine Frage», sagt sie zu Nau.ch.
Dennoch wehrt sich Schneider vehement gegen ein verschärftes Jugendstrafrecht. «Mit 14 Jahren ist man ja eigentlich noch ein Kind!», sagt sie. Bringe jemand in diesem Alter eine Person um, sei etwas grob falsch gelaufen im Leben.
«Durch eine längere Haftstrafe wird sich das Problem noch verschlimmern», warnt sie.
«Erschütternd und Chance zugleich»
Schneider macht darauf aufmerksam, dass sich Jugendliche in einer sensiblen Lebensphase befinden. Das Gehirn und die Sozialisierung entwickelten sich noch. Straftaten in jungem Alter seien deshalb massiv erschütternd und eine grosse Chance zugleich.
«Jemanden in dieser Phase einzulochen, gestaltet die Resozialisierung umso schwieriger.»

Für richtig hält die Nationalrätin stattdessen, die jungen Straftäterinnen und -täter in Vollzugseinrichtungen zu schicken. «Mit starker psychologischer Betreuung haben sie gute Perspektiven.»
Das sagt die Oberstaatsanwaltschaft
Die Aargauer Oberstaatsanwaltschaft kann wegen des strikten Jugendstrafrechts keine weiteren Informationen zum Fall herausgeben. Auch nicht zur Haft des 14-jährigen tatverdächtigen Mädchens. Dies sagt Sprecher Adrian Schuler auf Anfrage.
«Weil es sich um eine minderjährige Beschuldigte handelt, besteht ein besonderes Schutzbedürfnis», sagt Schuler. Damit gelte eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht für die Staatsanwaltschaft. Diese sei noch stärker als jene im Erwachsenenstrafrecht.