Mit der Ausstellung «Orlando - Nach einem Roman von Virginia Woolf» (26.2.-29.5.) widmet sich das Fotomuseum Winterthur der Genderfluidität. Kuratiert wurde die Schau von Schauspielerin Tilda Swinton. Auch sie bleibt verschwommen.
Das FAKA-Porträt (Foto) des südafrikanischen Künstlers Jamal Nxedlana ist ab Samstag im Fotomuseum Winterthur zu sehen. Als Teil der von Tilda Swinton kuratierten Ausstellung «Orlando - Nach einem Roman von Virginia Woolf».
Das FAKA-Porträt (Foto) des südafrikanischen Künstlers Jamal Nxedlana ist ab Samstag im Fotomuseum Winterthur zu sehen. Als Teil der von Tilda Swinton kuratierten Ausstellung «Orlando - Nach einem Roman von Virginia Woolf». - sda - Keystone/Jamal Nxedlana
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schottin Tilda Swinton, die 1992 in der Filmversion des Romans «Orlando» die Hauptrolle des jungen androgynen Edelmanns spielte, wird weder bei der Eröffnung anwesend sein, noch gibt sie Interviews.

In den Medienunterlagen heisst es aber, dass sie ihre wandernde Werksammlung als «Hommage an die Unbestimmtheit und Grenzenlosigkeit sowie die Feier einer umfassenden Vision des Lebens» bezeichnet.

Auch der südafrikanische Künstler und Fotograf Jamal Nxedlana, der Teil dieser Ausstellung ist, hat Swinton nie zu Gesicht bekommen. Aber er hätte immerhin einmal die Chance gehabt: «Ich hatte vor ein paar Jahren die Wahl zwischen einer Eröffnung in New York, an der Swinton anwesend war, und einer Veranstaltung in Bangalore», erzählt er im Gespräch mit Keystone-SDA. Da er noch nie in Indien gewesen sei, hätte er sich damals gegen das Treffen mit dem Weltstar entschieden.

Den Grund, warum ihn die kuratierende Schauspielerin für «Orlando» ausgewählt hat, sieht Nxedlana in der Präsenz der Genderfluidität in früheren Arbeiten. «Als heterosexueller Mann habe ich diese als Möglichkeit erforscht, unter den Zwängen der Rassenstereotypisierung zu existieren.»

Die in Winterthur gezeigten Arbeiten seien speziell für «Orlando» entstanden. Für die Ausstellung, aber auch für die gleichnamige Ausgabe des New Yorker Aperture Magazines, dessen 235. Ausgabe Tilda Swinton 2019 kuratiert hatte. Seine Bilder sind Porträts seiner Freunde, des Performanceduos FAKA (Fela Gucci und Desire Marea). Die beiden setzen sich für die Sichtbarkeit Schwarzer, queerer Identitäten ein.

Insgesamt hat Tilda Swinton für ihre «Orlando»-Ausstellung elf Kulturschaffende versammelt, darunter die queere New Yorker Modefotografin Collier Schorr, die ein Trans-Model mit der Kamera begleitete und in ihrer Serie die Grenzen von Geschlecht, Sexualität und Identität «mal verspielt, mal melancholisch» verwischt, wie das Fotomuseum schreibt.

Mit dabei ist auch die afroamerikanische Malerin und Fotografin Mickalene Thomas, die sich für ihre Porträts von der musenähnlichen Beziehung zwischen Königin Elisabeth I. und Orlando sowie ikonischen Gemälden des 19. Jahrhunderts inspirieren liess. Die von Swinton ausgewählte Bilderwelt wird ausserdem mit Informationen zur Schriftstellerin Virginia Woolf und der Britin Sally Potter, die bei «Orlando» seinerzeit Regie führte, ergänzt.

Es sei grossartig, Teil dieser Gruppe zu sein, sagt Jamal Nxedlana. Und die Tatsache, dass Tilda Swinton, auch wenn sie weitgehend im Hintergrund bleibe, hinter dieser Ausstellung steht, «weckt sowohl das Interesse von Menschen aus der Kunstwelt wie auch aus der Mode-, Film- oder anderen Industrien».

Und das sei wichtig, sagt der Fotograf. Denn Kunst sei nicht nur schön, sie leiste auch Vermittlungsarbeit. «Sie ist ein wesentlicher Teil sozialer Debatten», so Nxedlana. «Für mich ist sie wie Philosophie, in einer visuellen Form.»

In ihrem avantgardistischen Roman «Orlando» (1928) erzählt die britische Schriftstellerin Virginia Woolf (1882-1941) die Geschichte eines jungen, gut aussehenden Mannes, der beinahe vier Jahrhunderte durchlebt - mal als Mann und mal als Frau, auf jeden Fall immer jung und schön. «Ich sehe Orlando als eine Geschichte über das Leben eines Menschen, der danach strebt, sich vollständig von den Konstruktionen des Geschlechts oder sozialer Normen zu befreien», interpretiert Tilda Swinton gemäss Pressedossier die Geschichte.

Und so stellen die teils eigens für die Ausstellung konzipierten Werke vorherrschende Machtstrukturen sowie heteronormative Vorstellungen und den weissen männlichen Blick in Frage. Und sie feiern die Kreativität.

www.fotomuseum.ch

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FotografGucciKunst