Stau stresst Lkw-Chauffeure – und es kommt noch dicker
Die Menge an Stau hat im April einen neuen Rekord erreicht. Zudem fallen Transporte von SBB Cargo weg. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag warnt.

Das Wichtigste in Kürze
- Im April betrug das Stauaufkommen auf Nationalstrassen über 5600 Stunden.
- «Die Stauproblematik verschärft sich laufend», sagt Astag-Chef Thierry Burkart.
- Die SBB rechnet mit täglich 70 Lastwagen mehr auf den Strassen.
Im Stau zu stecken, ist auf dem Weg in die Ferien ein Frust. Bereits vor dem Auffahrtswochenende kam es vor dem Gotthard zu einer kilometerlangen Blechlawine. Für LKW-Chauffeure ist Stau hingegen Alltag.
Im April betrug das Stauaufkommen auf Nationalstrassen über 5600 Stunden, was knapp acht Monaten entspricht. Damit gab es mehr Stau, wie Zahlen des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands Astag zeigen.
Im selben Monat vor einem Jahr belief sich das Stauaufkommen noch auf rund 4000 Stunden. 2022 waren es im April hingegen lediglich rund 3000 Stunden.
Höhere Kosten wegen Stau
«Stau- und Standzeiten führen zu immer grösser werdenden Produktivitätsverlusten im Strassentransport», warnt der Astag auf seiner Website. Dies habe höhere Kosten zur Folge.
Auch stufte der Verband die zunehmende Stauproblematik als «Jobkiller Nr. 1» ein.
«Fahren und Transportieren müssen Spass machen, sonst steht plötzlich die ganze Schweiz still!» Davor warnte Astag-Zentralpräsident Thierry Burkart an einer Delegiertenversammlung 2023.
Jährlich 25'000 Lkws zusätzlich
Das Verkehrsaufkommen und damit Stau nimmt auf den Schweizer Strassen künftig aber noch zu.
Die SBB geht davon aus, dass täglich 70 Lastwagen mehr auf den Strassen unterwegs sein werden. Jährlich sind dies rund 25'000 Lkws. Grund dafür ist ein geschrumpfter Güterverkehr.
SBB Cargo streicht die Ost-West-Achse komplett, wie das Unternehmen kürzlich bekannt gab. Acht Terminals in Basel, Oensingen SO, Gossau SG, Widnau SG, Rennens VD, St. Triphon VD, Cadenazzo TI und Lugano TI werden geschlossen.
Zudem stellt die RAlpin AG den Betrieb des Bahnverlads für Lastwagen durch die Alpen per Ende Jahr ein. Jährlich konnte die Rola maximal 80'000 Lastwagen zwischen Freiburg im Breisgau (D) und Novara (I) auf der Schiene transportieren.
Burkart fordert rasche Massnahmen
Astag-Zentralpräsident Thierry Burkart sieht den Abbau bei SBB Cargo nicht als gravierend für den Nutzfahrzeugverkehr.
«Zwecks Rentabilität muss SBB Cargo weiterhin bestrebt sein, das Transportvolumen möglichst hoch zu halten», sagt er zu Nau.ch. Stand heute sei deshalb nicht mit wesentlichem Zusatzverkehr auf der Strasse zu rechnen.

Er sagt jedoch: «Die Stauproblematik verschärft sich laufend.» Dies sei ohne jeden Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen bei SBB Cargo der Fall. «Umso wichtiger sind rasche Massnahmen im Rahmen des Projekts ‹Verkehr 45› des UVEK», so der FDP-Ständerat.
«Unentbehrliche Grundlage»
Das Stimmvolk lehnte die Vorlage für einen Ausbauschritt für die Nationalstrasse im November ab.
Das Verkehrsdepartement des Bundes (UVEK) beauftragte die ETH Zürich. «Verkehr 45» hat das Ziel, die geplanten Ausbauprojekte aller Verkehrsträger zu überprüfen und zu priorisieren. Das UVEK erwartet die Ergebnisse gegen Ende Jahr. Diese sollen als Grundlage für die nächsten verkehrspolitischen Schritte dienen.
Mittelfristig führt laut Thierry Burkart kein Weg an einer Beseitigung der Engpässe auf unseren Strassen vorbei. «Bedarfsgerechte Strassen sind unentbehrliche Grundlage für die Arbeit von Berufsfahrerinnen und -fahrern.»
«Profitable Leistungen»
Die SBB bestätigt, an einem hohen Transportvolumen interessiert zu sein. Dies liege in der Natur der Sache.
Gleichzeitig gelte es, den Auftrag des Bundes zu beachten, sagt Mediensprecher Reto Schärli.
Er macht darauf aufmerksam, dass der Bundesrat im Bereich Güterverkehr sowohl im Binnen- als auch im Transitverkehr «profitable Leistungen» erwarte. «Deshalb richtet SBB Cargo den Schienengüterverkehr neu aus.»
Zukunft für Güterverkehr auf Schiene
«Der Schienentransport ist bei vielen Kunden gefragt», sagt Schärli. Vor allem bei bahnaffinen Industriezweigen wie zum Beispiel der Baubranche, Stahlindustrie und dem Handel sei dies der Fall.
«In Kombination mit der Strasse transportieren wir schwere Güter auf langen Strecken und wo dies von den Kunden nachgefragt wird.»
Angesprochen auf den zunehmenden Stau, bezieht sich Schärli auf die Tagesverbindung zwischen Dietikon (ZH) und Stabio (TI). Damit entstünden auch wieder neue Möglichkeiten, Transporte auf die Schiene zu verlagern.
Dabei handelt es sich um eine neue Shuttle-Verbindung, die das Bahnunternehmen ab 2026 in einer Testphase in Betrieb nimmt.
SBB stehe in engem Austausch
Schärli: «Mittel- bis langfristig setzt die SBB auf einen starken, zukunftsfähigen Schienengüterverkehr und will ihr Angebot entsprechend entwickeln.»
Mit ihren Grosskunden ist SBB Cargo laut Schärli aktuell in einem sehr engen Austausch. Sie erarbeiteten ein kundenorientiertes und kostenoptimiertes Produktionsmodell. Dieses würden sie Ende 2026 einführen. «Mit diesem können wir möglichst viele Transporte in einem effizienten Netz abwickeln.»
Bis 2050 wächst der Güterverkehr laut Schärli um ein Drittel. «Die Schweiz braucht einen starken, klimafreundlichen Schienengüterverkehr.»