Beim Westschweizer Fernsehen RTS soll es jahrelang zu Mobbing und zu sexueller Belästigung gekommen sein. Heute informiert Gilles Marchand, Direktor der SRG.
Gilles Marchand SRG
Der Verwaltungsrat spricht Gilles Marchand, Generaldirektor der SRG, sein Vertrauen aus. - SRG

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim SRG-Sender RTS soll es jahrelang zu sexueller Belästigung gekommen sein.
  • Die SRG hatte dazu drei unabhängige Untersuchungen eingeleitet.
  • SRG-Generaldirektor Gilles Marchand darf bleiben, der TV-Chef von RTS muss gehen.
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Mobbing, sexuelle Belästigung und eine Kultur des Schweigens, die das Ganze über Jahre unterdrückte: Die Vorwürfe gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS sind happig. Heute äussert sich die SRG vor den Medien dazu.

Wichtigster Punkt: SRG-Generaldirektor Gilles Marchand darf bleiben. Der Verwaltungsrat spricht ihm gemäss Mitteilung sein Vertrauen aus. Auch RTS-Direktor Pascal Crittin muss nicht gehen. Ihm könne kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.

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SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. (Archivbild) - Keystone

Das Unternehmen verlassen müssen hingegen der TV-Chefredaktor von RTS sowie der Personal-Leiter. «Der Chefredaktor der TV-Nachrichten von RTS hat sich in Abstimmung mit dem Direktor entschieden, das Unternehmen zu verlassen, um einen Neustart zu ermöglichen», heisst es in der Medienmitteilung.

Der Leiter der Personalabteilung von RTS werde seine Funktion abgeben.

Kritik an Marchand

Dennoch wird Gilles Marchand kritisiert: Er habe eine sekundäre Aufsichtsverantwortung gehabt, die im dritten Fall nach Beurteilung der externen Experten zu wenig wahrgenommen wurde. Dies stelle in der Einschätzung der Gutachter jedoch keinen gravierenden Fehler dar.

Rochebin streitet Vorwürfe ab

Von offener Belästigung, ungewollten Küssen, anzüglichen Kommentaren und systematischem Machtmissbrauch ist in den Enthüllungen von «Le Temps» die Rede. Angeschuldigt wird unter anderem Darius Rochebin, ehemaliger langjähriger Moderator der RTS-Tagesschau.

Darius Rochebin RTS
Darius Rochebin, ehemaliger Moderator der RTS-Tagesschau, wurde sexuellen Belästigung vorgeworfen. Jetzt ist klar: Ihm drohen keine juristischen Konsequenzen. - Keystone

Die Direktion und die Personalverantwortlichen von RTS hätten konsequent weggeschaut.

Die von der SRG eingesetzten unabhängigen Sachverständigen kamen nun zum Schluss, dass sich Rochebin keiner sexuellen Belästigung oder Mobbing schuldig gemacht habe. In den beiden anderen Fällen hingegen hätten die Expertinnen und Experten Handlungen festgestellt, die als Belästigung qualifiziert worden seien. In beiden Fällen habe RTS Massnahmen ergriffen.

Für Darius Rochebin hat die Angelegenheit somit kein juristisches Nachspiel.

Für Sommaruga «inakzeptabel»

Medienministerin Simonetta Sommaruga reagierte empört auf die Ergebnisse der Untersuchung. Dass Mitarbeitende sexuell belästigt worden seien, sei «inakzeptabel». Sie erwarte von der SRG, dass sie alles unternehme, um weitere Vorfälle zu vermeiden und Sexismus, Belästigung und Diskriminierung zu verhindern. «Den Worten müssen Taten folgen», hiess es in einer Mitteilung.

Nulltoleranz-Politik und obligatorische Schulungen

Im November 2020 hatte die SRG in Folge der Enthüllungen drei Untersuchungen in Auftrag gegeben. Der Verwaltungsrat hat nun aufgrund der Berichte einige Massnahmen beschlossen:

In allen Unternehmenseinheiten werde eine klare Haltung zu einer Nulltoleranz-Politik etabliert. Zudem soll die Position von internen «Vertrauenspersonen» eingeführt werden, die den Mitarbeitenden zur Verfügung stehen. Eine externe Ombudsperson wird ebenfalls geschaffen.

Für die SRG-Führungspersonen soll es nach dem Belästigungs-Skandal obligatorische Schulungen geben. - SRG

Alle Mitarbeitenden in Führungspositionen müssen ein obligatorisches Schulungsprogramm absolvieren, das gezielt auf das Thema Belästigungen und den Umgang damit sensibilisiert.

Für den Fall der Nichteinhaltung der neuen Bestimmungen sollen spezifische Sanktionen erlassen werden.

Die Gewerkschaft SSM ist nicht zufrieden damit, dass Marchand weiterhin Generaldirektor bleibt und fordert «griffige Reformen».

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