Sprach-Frust: Welsche und Franzosen «erwarten» in Bern Französisch
Das Wichtigste in Kürze
- Touris erwarten in den Ferien meist, dass Hotel- und Gastromitarbeitende Englisch können.
- Ein Hotelier klagt: Teilweise wollen Gäste gar in ihrer Muttersprache bedient werden.
- Englisch sollte man als Touri heute können – und ein paar Wörter in der Landessprache.
Englisch ist beim Reisen heutzutage an der Tagesordnung: Auch in der Schweizer Tourismusbranche sind Kenntnisse für Mitarbeitende mit Kundenkontakt meist Pflicht.
Kürzlich gab auch deshalb ein Zwischenfall am Flughafen Zürich zu reden: Zwei Touristinnen mussten einer Food-Mitarbeiterin ihr Anliegen mit Händen und Füssen erklären – weil sie kaum Englisch verstand.
Ein Nau.ch-Leser, der das Ganze beobachtete, wunderte sich: «Wenn man am Flughafen arbeitet, sollte man da nicht Englisch können?» Sowohl der Flughafen als auch der Food-Stand, bei dem die Mitarbeiterin arbeitet, bestätigten das auf Anfrage.
Doch die Szenen werfen kurz vor den Herbstferien auch andere Fragen auf: Was ist heute, wo viele Englisch können, eigentlich Ferien-Knigge – sollte man sich trotzdem sprachlich aufs Reisen vorbereiten? Reicht das «Hello» oder wäre zumindest ein «Buongiorno» oder «Kalimera» angebracht? Und was gilt für Touris, die in die Schweiz reisen, aber keiner Landessprache mächtig sind?
Franzosen wollen in der Deutschschweiz Französisch bedient werden
Zunächst zur Situation in der Schweiz.
Im Kanton Bern befindet sich mit der Jungfrau-Region einer der grössten Tourismus-Hotspots der Schweiz. Hier zeigen die Erfahrungen: «Die meisten Touristen geben sich gar keine Mühe, es auf Deutsch zu versuchen», sagt Tobias Burkhalter zu Nau.ch. Er ist Präsident des Berner Branchenverbands Gastrobern und selbst Hotelier-Restaurateur.
Ihm zufolge würden die meisten erwarten, dass die Mitarbeitenden Englisch können. Doch hier gibt es einen Haken: Teilweise sind auch die Englischkenntnisse der Gäste selbst bescheiden.
«Das merken wir oft bei Touristen aus dem asiatischen Raum. Das Gleiche gilt übrigens auch bei Französisch sprechenden Touristen; die erwarten, dass man Französisch kann.»
Touri-Anforderungen «sehr breit»
Luzern ist bei Touristinnen und Touristen ebenfalls besonders beliebt. Patrick Grinschgl, Co-Präsident des Gastro-Branchenverbands Gastroluzern, beobachtet hier: «Je weiter her Touristen kommen, desto weniger kümmern sie sich um die Landessprache.»
Schliesslich würden einige von ihnen Europa in zehn Tagen durchreisen. Also fast jeden Tag ein anderes Land.
Büffelst du Wörtli in der Landessprache, bevor du in die Ferien gehst?
Auch der gesamtschweizerische Hotel-Branchenverband Hotelleriesuisse berichtet, dass die Anforderungen der Touristen «sehr breit» seien. Nicht nur die Welschen wollen in der Deutschschweiz Französisch sprechen, sondern etwa auch die Deutschschweizer Deutsch im Tessin.
Sprecher Vinzenz van den Berg erklärt: «Einerseits werden Schweizerdeutschkenntnisse, beziehungsweise Französisch und Italienisch gewünscht. Andererseits erwartet man Englischkenntnisse oder Kenntnisse der jeweiligen Landessprache.»
Begrüssung in Landessprache «zeugt von Wertschätzung»
Zurück zum Knigge. Auf dem Gebiet ist Susanne Abplanalp Expertin – sie bietet unter anderem Kurse zu Umgangsformen und Stil an.
Bei Nau.ch stellt sie klar: «Es zeugt von Wertschätzung gegenüber dem Gastland, wenn die Begrüssung, Danke, Bitte und einige Sätze in der Landessprache gesprochen werden.»
Mehr ist kein Muss – dafür sei es ideal, wenn man als Touri zumindest einfache Gespräche auf Englisch führen könne. «Bei organisierten Reisen ist dies jedoch nicht unbedingt nötig.»
Wichtig ist es laut Abplanalp dafür, sich über die kulturellen Eigenheiten des Reiselandes zu informieren. «Das ist heute mit Google oder einem Reiseführer für uns alle sehr einfach.»
Ein paar Beispiele: «In China sollte man nie die servierten Speisen auf einem Teller komplett leer essen. Dies bedeutet, dass wir noch Hunger verspüren.»
Bist du in den Ferien schon einmal wegen kultureller Unterschiede ins Fettnäpfli getreten?
Und in Japan sollte man nie Trinkgeld geben. «Dies ist eine Beleidigung und unterstellt den Dienstleistern, dass sie nur wegen des Trinkgeldes freundlich und zuvorkommend sind.»
Zusammengefasst: Ein bisschen Englisch ist heute in den Ferien meist nötig, wenn man die Landessprache nicht kann. Und es schadet sicher nie, vor dem Reisen einen Blick ins Wörterbuch zu werfen.