Seit 1936 gibt es den SAB. Das älteste Mitglied ist 99 – eine Frau. «Nachwuchs» ist willkommen, muss aber tschutten.
onlinereports
«Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier»: Sportstudent Serge Stibler spornt die Gruppe an. - OnlineReports.ch / Andrea Masek

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim Sportverein der Akademiker Basel halten sich viele Pensionierte fit.
  • Das älteste Mitglied ist eine 99-Jährige.
  • Den Menschen sind der Sport und die Bewegung sehr wichtig.
  • Über «Nachwuchs» würde man sich in dem Verein freuen.
Ad

Punkt 18 Uhr geht es los in der Turnhalle. Die drei älteren Herren drehen Runde um Runde. Sie gehen und laufen sich warm – mit ihnen Sportstudent Serge Stibler. Er macht alles vor und lobt die Männer.

Während der kurzen Pause nach dem Aufwärmen erzählen sie, dass sie als Chemiker und Mediziner gearbeitet haben. Die Vierte im Bund fehlt, auch eine Chemikerin. Sie ist mit 99 Jahren die Älteste im Sportverein der Akademiker Basel, kurz SAB.

Doris Fattinger ist seit Jahrzehnten dabei. Dass sie die einzige Frau in der Gruppe ist, stört sie nicht. Sie habe sich schon im Studium unter Männern behaupten müssen, erzählt sie. Etwas ruppig sei die Gruppe schon, vielleicht seien deshalb zwei weitere Interessentinnen nur einmal erschienen.

Eine Frau? Das beschliesst die GV

Fattinger kam über ihren Mann in den SAB, der seinerseits durch einen Kollegen zum Verein fand. Zuerst musste allerdings die Generalversammlung Ja sagen zum Beitritt einer Frau. Fattinger wurde als Ehefrau eines Mitglieds akzeptiert.

Für die Eheleute war das ideal, weil sie zusammen trainieren konnten. Vorher seien sie in (geschlechter-)getrennten Vereinen sportlich aktiv gewesen, an zwei verschiedenen Abenden, was für das Familienleben schwierig gewesen sei, sagt Fattinger.

Bis heute ist ihr Bewegung wichtig. «Ich will meinen Rumpf aufrechterhalten», betont sie. Auch nach dem Tod ihres Mannes machte sie weiter. «Ich bin die Langsamste der Gruppe und laufe deshalb kleinere Runden», sagt sie mit einem Lachen.

onlinereports
Beim Sportverein der Akademiker halten sich unter anderem Pensionierte fit. - OnlineReports.ch / Andrea Masek

Sie möchte sich die Reaktionsfähigkeiten ebenfalls bewahren. Deshalb schätzt sie das Spielen – auch wenn ihr früher das Unihockey mehr zugesagt hat als heute der Faustball.

Fattinger und ihre Kollegen sind der beste Beweis dafür, wie wertvoll gemeinsamer Sport für die Gesundheit sein kann. Sie sind alle dem Verein beigetreten, um fit zu bleiben. Manche sind schon seit über 50 Jahren dabei. Dank des gesunden, aktiven Lebensstils und der sportlichen Betätigung durchs ganze Berufs- und Pensionsleben seien sie heute so fit, attestiert ihnen Trainer Stibler.

Zweimal pro Woche trainieren die Mitglieder. Am Mittwoch sind die Jüngeren dran – sie sind zwischen Mitte 50 und Ende 60. Sie spielen bevorzugt Fussball. Am Freitag stärken die Älteren in erster Linie Rumpf und Beine.

Eingespieltes Team

Letztere sind mit gewissenhaftem Eifer dabei, und sie sind ein eingespieltes Team. Aber früher seien sie einige mehr gewesen, sagen sie ein wenig traurig. Neue Mitglieder sind willkommen, auch Nichtakademikerinnen und -akademiker.

Nach Dehnungs- und Lockerungsübungen für Nacken, Rumpf und Arme gehts an die Sprossenwand, später auf die Matten. «Sie mögen ähnliche Abläufe in jedem Training. Vieles ist schon wie ein Ritual», sagt Stibler.

Er sorgt dennoch für Abwechslung. Wichtig sei, dass sie tun können, was ihnen Spass macht, und dass jeder mithalten könne.

Stibler sorgt für genug Pausen und fragt immer nach, ob es anstrengend gewesen sei. Nur ungern möchten die Herren die Frage bejahen. Sie sagen: «Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier.»

Für ihr Alter leisten sie Erstaunliches. Vor allem beim abschliessenden Faustball fallen die Jahre von ihnen ab. Ist es die Freude am Spiel oder der sportliche Ehrgeiz, der sie packt?

Sie spurten dem Ball nach wie Junge. Punkt 19.15 Uhr wird das Training beendet und das Material versorgt. Kurzes Händeschütteln und man geht seiner Wege.

Auswärtige Chemiker

Bei der jüngeren Gruppe ist nach dem Training nicht Schluss. Im Winter, wenn in der Turnhalle des Wirtschaftsgymnasiums an der St.-Jakobs-Strasse 115 trainiert wird, geht es über die Strasse in die Beiz.

Und die Mitglieder bestätigen, dass das Soziale auch ein Grund für die langjährige Mitgliedschaft ist. «Wir führen jeweils tolle Gespräche», betont Andreas Cueni, «auf hohem Niveau, es sind eben alles kluge Köpfe dabei.»

onlinereports
«Tolle Gespräche»: Nach dem Turnen gehts in die Beiz. - OnlinReports.ch / Andrea Masek

Oft wird es politisch, unter ihnen sind auch ehemalige Baselbieter Landräte oder Gemeindepräsidenten. Praktisch auch, sagen sie augenzwinkernd, dass sie einen Mannschaftsarzt dabei haben.

Ursprünglich kamen die Mitglieder vor allem aus der Chemie – und von auswärts. Basler waren bereits in Basler Vereinen engagiert, erzählt Präsident Hans Furer.

Gegründet wurde der Sportverein 1936. In den 1960er-Jahren belegte er vier bis fünf Felder im St. Jakob. Zu den Aktiven gehörten 60 bis 70 Männer.

Plausch am Fussball

Heute sind zwischen acht und zehn Personen im Mittwochstraining. Markus Grolimund ist seit 35 Jahren dabei. Er mag Mannschaftssport, schätzt aber auch das gemeinsame Zusammensein nach dem Training. Die Kerngruppe sei zusammen älter geworden, sagt er.

Furer ist ebenfalls seit 1989 dabei – seine damaligen Arbeitskollegen animierten ihn dazu: «Sie sagten, tritt bei und du wirst Präsident.» Sie sollten Recht behalten. Er findet es gut und wichtig, dass sie junge Trainerinnen und Trainer haben, Sportstudierende, die auf sie zugeschnittene Trainings machen.

Würden Sie im Alter auch gerne noch viel Sport treiben?

Ihn ärgert aber, dass in Basel-Stadt dem Sport für Erwachsene zu wenig Beachtung und Wertschätzung geschenkt wird. «Es ist doch gesund, Sport zu treiben», sagt er. Dennoch sei es extrem schwierig, Hallen zu finden. Der Schulsport werde klar priorisiert, obschon Berufstätige zeitlich gebundener seien.

Ein politisches Statement eines Politikers: Furer, mit 69 Jahren im Pensionsalter, aber immer noch als Anwalt und Richter tätig, sass für die Grünliberalen im Baselbieter Landrat und kandidierte für den Ständerat.

Via Furer kam Andreas Cueni zum Verein. Ihm gefällt, dass viel Fussball gespielt wird – aber nur zum Plausch und nicht kompetitiv in einer Liga. «Genau das will ich.» Im Sommer tschutten sie im Freien beim Gotthelf-Schulhaus.

Bevor jedoch an diesem Mittwochabend Fussball gespielt wird, laufen die Mitglieder Runden zum Einwärmen, machen Krafttraining und spielen Tennisfussball – durchaus kompetitiv.

***

Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

KrafttrainingStänderatTrainerChemieLigaTod