Sexuelle Belästigung gehört für viele Flugbegleiterinnen zum Alltag

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Zürich,

Eine Umfrage zeigt: Über ein Drittel der Mitarbeiterinnen im britischen Luftverkehr wurde belästigt. Auch eine Schweizer Gewerkschaft fordert Massnahmen.

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Auch in der Schweiz ist sexuelle Belästigung des Flugpersonals ein Problem. Die Kabinen-Gewerkschaft Kapers geht von einer hohen Dunkelziffer aus. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Über ein Drittel der Frauen im britischen Luftverkehr erlebte sexuelle Übergriffe.
  • Die Gewerkschaft Kapers sieht auch in der Schweiz ein Problem mit hoher Dunkelziffer.
  • Ihr zufolge hat das auch mit gesellschaftlichen Vorstellungen vom Kabinenpersonal zu tun.

Die Zahlen sind alarmierend: Über ein Drittel der Frauen im zivilen Luftverkehr in Grossbritannien und Irland hat bereits sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz erlebt.

Zu diesem Schluss kommt eine neue Umfrage der Gewerkschaft Unite, die das «International Airport Review» aufgegriffen hat.

Befragt wurden rund 30'000 Beschäftigte – vom Kabinenpersonal über Check-in-Mitarbeitende bis zu Gepäckabfertigerinnen.

34 Prozent gaben an, sexuell belästigt worden zu sein, 11 Prozent berichteten gar von sexueller Nötigung. Zwei Drittel hatten unerwünschte Flirtversuche, anzügliche Gesten oder Bemerkungen erlebt, 55 Prozent wurden unangemessen berührt.

In über 40 Prozent der Fälle wurden Betroffenen pornografische Inhalte gezeigt – von Passagieren, aber auch von Kollegen oder Vorgesetzten.

«Von ihren Arbeitgebern im Stich gelassen»

Fast die Hälfte war mehrfach von sexueller Belästigung betroffen – dennoch meldeten 80 Prozent die Vorfälle nicht. Viele erklärten, man würde ihnen nicht glauben oder sie fürchteten um ihren Arbeitsplatz.

Eine Frau berichtete: «Ich wurde von Passagieren sexuell belästigt, und das Management unternimmt nie etwas dagegen. Sie sagen, Passagiere kommen und gehen, und die Chance, sie wiederzusehen, ist gering.»

Unite sieht darin ein systematisches Versagen der Arbeitgeber. Zwar verpflichtet das seit 2023 geltende Worker Protection Act Unternehmen, sexuelle Belästigung zu verhindern.

Doch nur 18 Prozent der befragten Frauen fanden, ihre Arbeitgeber hätten eine echte Nulltoleranzkultur etabliert.

Dies zeige, dass Frauen, die bei Fluggesellschaften arbeiten, «von ihren Arbeitgebern im Stich gelassen werden», kritisiert eine Unite-Regionalbeauftragte.

Kabinen-Gewerkschaft geht von hoher Dunkelziffer aus

Auch in der Schweiz ist sexuelle Belästigung in der Luftfahrt ein Thema, wie die Kabinenpersonal-Gewerkschaft Kapers bestätigt.

Konkrete Fallzahlen nennt sie aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht, spricht jedoch von einer «nicht unerheblichen Dunkelziffer».

Etwa, weil Betroffene «aus Scham, Unsicherheit oder Angst vor negativen Folgen» keine Meldung erstatten, wie eine Sprecherin mitteilt.

Meldungen erreichen die Gewerkschaft «in der Regel vertraulich oder anonym über etablierte interne Kanäle». Die gemeldeten Übergriffe reichen laut Kapers von verbalen und nonverbalen Anzüglichkeiten bis zu körperlichen Übergriffen.

Hast du schon sexuelle Belästigung erlebt?

Auch «das unerlaubte und ungefragte Filmen oder Fotografieren von Kabinenpersonal» komme vor.

Betroffene könnten sich jederzeit an die Gewerkschaft wenden. Kapers biete psychosoziale Unterstützung, gebe rechtliche Orientierung und begleite auf Wunsch durch interne Verfahren.

Während die Gewerkschaft Unite hart mit den britischen Airlines ins Gericht geht, lobt Kapers die grösste Schweizer Fluggesellschaft Swiss: Diese sei «sehr bestrebt, betroffene Mitarbeitende zu unterstützen und ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen».

«Stets verfügbar»: Kapers fordert gesellschaftliches Umdenken

Handlungsbedarf sieht die Gewerkschaft vor allem bei der Sensibilisierung und im gesellschaftlichen Rollenbild.

Stereotype Vorstellungen vom Kabinenpersonal – «freundlich, hilfsbereit, stets verfügbar» – müssten aufgebrochen werde

«Solange solche Klischees fortbestehen, greifen auch die besten Prozesse zu kurz», stellt Kapers klar. Respekt gegenüber der Kabinenbesatzung dürfe «nicht verhandelbar sein – unabhängig von Geschlecht, Funktion oder Hierarchie».

Nötig seien klare Meldewege, gut geschulte Führungspersonen und konsequentes Handeln bei Grenzverletzungen.

Zudem fordert Kapers rechtlich griffigere Verfahren bei Übergriffen durch Passagiere mit Wohnsitz im Ausland.

Kommentare

User #1626 (nicht angemeldet)

Ich glaube jedes Wort, aber was kann man gegen diese Belästigungen tun? Den Gast zum Flugzeug rauswerfen?

User #2426 (nicht angemeldet)

Erfolgt keine Strafanzeige war eben nichts geschehen. Punkt und basta.

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