SEM verletzte Fürsorgepflicht gegenüber Angestellter

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Stadt St. Gallen,

Laut dem Bundesverwaltungsgericht hat das Staatssekretariat für Migration gegenüber einer Ex-Angestellten die Fürsorgepflicht verletzt.

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Mario Gattiker, Chef des Staatssekretariats für Migration (SEM). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das SEM hat die Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin laut Gerichtsentscheid verletzt.
  • Eine Mitarbeiterin hatte sich wiederholt über eine zu hohe Arbeitsbelastung beklagt.
  • Das wurde vom Vorgesetzten bestätigt, jedoch wurden keine konkreten Massnahmen ergriffen.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat gegenüber einer früheren Angestellten die Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin verletzt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Nun müssen allfällige Haftungsfragen geklärt werden.

Im konkreten Fall hatte eine Mitarbeiterin 2009 bei den jährlich stattfindenden Mitarbeitergesprächen darauf hingewiesen, dass sie die hohe Arbeitsbelastung auf Dauer nicht ertrage und deswegen in ärztlicher Behandlung sei.

In den beiden darauf folgenden Personalgesprächen wies die Angestellte auf das weiterhin bestehende Problem hin. 2011 teilte die Frau ihrem Vorgesetzten mit, dass sie nur noch mit der Einnahme von Antidepressiva in der Lage sei, ihre Arbeit zu verrichten.

Der Vorgesetzte bestätigte jeweils die zu hohe Geschäftslast und die unzureichende Ressourcensituation. Konkrete und geeignete Massnahmen, um die Mitarbeiterin zu entlasten, wurden jedoch keine getroffen, wie aus einem am Freitag veröffentlichten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervorgeht.

Heute IV-Bezügerin

Die Frau erkrankte, wurde arbeitsunfähig und bezieht heute eine volle Invalidenrente. Vom Bund verlangt sie für den ihr entstandenen Schaden aufgrund des Einkommensverlustes bis zu ihrer Pensionierung einen Schadenersatz von 360'000 Franken und eine Genugtuung für die psychische Unbill von 20'000 Franken.

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) wies das Begehren der Frau ab. Es stellte sich auf den Standpunkt, das SEM sei seinen Fürsorgepflichten nachgekommen. Dies verneint das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil deutlich.

Bundesverwaltungsgericht
Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. (Archivbild) - Keystone

Es hält fest, dass hinreichende Anhaltspunkte für eine arbeitsbezogene Gesundheitsgefährdung vorgelegen hätten. Das SEM wäre deshalb aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, nähere Angaben zu verlangen, eine arbeitsmedizinische Abklärung vornehmen zu lassen und gestützt darauf erforderliche Abhilfe zu schaffen.

Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass unzureichende personelle Ressourcen die übermässige Belastung von Angestellten über eine längere Zeit nicht zu rechtfertigen vermögen. Es sei vielmehr dafür zu sorgen, dass ausreichende personelle Ressourcen für eine zweckmässige Aufgabenerledigung zur Verfügung stünden.

Gründe abklären

Der Fall geht nun auf Geheiss des Bundesverwaltungsgerichts – bereits zum zweiten Mal – an das EFD zurück. Das Finanzdepartement muss prüfen, ob die Verletzung der Fürsorgepflicht bei der Betroffenen zur Erkrankung und schliesslich zum Erwerbsausfall geführt hat oder ob andere Gründe mit im Spiel waren.

Bei diesen Abklärungen muss die frühere SEM-Mitarbeiterin gemäss Bundesverwaltungsgericht mitwirken. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass eine allfällige konstitutionelle Vorbelastung oder andere Formen des Selbstverschuldens den sogenannten Kausalzusammenhang in der Regel nicht unterbrechen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

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