In der Schweiz werden immer weniger Nachrichten konsumiert. Insbesondere Jugendliche interessieren sich nicht mehr dafür. Das ist schlecht für die Demokratie.
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Mädchen nutzen ihr Handy vor allem, um über soziale Netzwerke mit ihren Freunden zu kommunizieren, Fotos zu machen oder Musik zu hören, wie eine Umfrage der ZHAW und Swisscom zeigte. - sda - KEYSTONE/CHRISTOF SCHUERPF

Das Wichtigste in Kürze

  • Noch nie wurden in der Schweiz so wenig Nachrichten konsumiert wie 2022.
  • Insbesondere junge Erwachsene informieren sich im Schnitt nur sieben Minuten am Tag.
  • Das ist auch für die Demokratie problematisch, warnt eine Studie der Uni Zürich.
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Die Nachrichten-Abstinenz der Bevölkerung hat 2022 mit 38 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Besonders junge Erwachsene interessieren sich nicht mehr für Nachrichten. Das ist für die Demokratie problematisch, stehen News-Abstinente im politischen Prozess doch häufiger abseits und misstrauen den Institutionen stärker.

Zu diesem Schluss kommt das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich in seinem am Montag veröffentlichten «Jahrbuch Qualität der Medien 2022». Den vorgestellten Erkenntnissen zufolge konsumieren junge Erwachsene auf ihren Smartphones lediglich sieben Minuten am Tag Nachrichten.

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Ein Bild, das heute keine Seltenheit mehr ist. Jugendliche in der Gruppe am Handy.
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Schweizer Zeitungen an einem Ständer an der Universität St. Gallen. (Archivbild)
Immer mehr Haushalte in Deutschland schauen Fernsehen nicht mehr über den Weg Kabel oder Satellit, sondern nutzen dafür das Internet. Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Immer mehr Haushalte in Deutschland schauen Fernsehen nicht mehr über den Weg Kabel oder Satellit, sondern nutzen dafür das Internet. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Das Smartphone ist für diese Altersgruppe eine wichtige Quelle für verschiedene Informationen. Über ihre Nutzung des Mobiltelefons als Nachrichtenquelle war bisher wenig bekannt. Das Fög erhob deshalb für sein Jahrbuch die mobile Mediennutzung von 300 Personen zwischen 19 und 24 Jahren.

Höhere Stimmabstinenz

Der Befund von sieben Minuten täglichem Nachrichtenkonsum bestätigte die bereits seit einigen Jahren festgestellte Nachrichten-Abstinenz von Jüngeren. Während die Männer elf Minuten pro Tag Nachrichten konsumierten, waren es bei den Frauen fünf Minuten.

Das hat Auswirkungen auf die Demokratie, wie das Fög konstatierte. Besonders hoch nämlich ist mit 70 Prozent die Stimmbeteiligung von Menschen, die sich mit traditionellen Medienangeboten wie Zeitungen, Radio oder Fernsehen informieren – nicht intensiv, aber regelmässig.

Stimmlokal
Ein Schweizer Stimmlokal. - Keystone

Drastisch niedriger liegt mit 30 Prozent dagegen die Stimmbeteiligung von Menschen, die mit Nachrichten unterversorgt sind. Typisch für diese Gruppe von 38 Prozent der Bevölkerung ist auch das geringere Interesse an Politik und das höhere Misstrauen gegenüber der Regierung. Dieser Bevölkerungsanteil bleibt gemäss dem Fög nicht generell der Urne fern, sondern lässt sich für einzelne Abstimmungen mobilisieren.

Medien trotz sinkendem Interesse etwas besser

In Bezug auf die Medien selbst konstatierten die Zürcher Forscherinnen und Forscher eine leicht gestiegene Qualität. Die Medien ordnen seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie die Themen stärker ein und liefern mehr Hard News, also professionell recherchierte Inhalte zu aktuellen Themen.

Soft News, welche lediglich die Neugierde und ähnliches befriedigen, nahmen dagegen ab. Das steigerte gemäss dem Fög die Relevanz der Meldungen. Allerdings resultierte daraus auch ein Rückgang der Vielfalt. Die Berichterstattung über den Ukraine-Krieg bezeichnete das Fög bereits in einer früheren Publikation als qualitativ gut.

Wo informieren Sie sich hauptsächlich?

Allgemein nahm das Interesse an Nachrichten in der Schweiz ab, wenn auch weniger als anderswo. 2022 gaben 50 Prozent der Befragten ein starkes Interesse an Nachrichten an. 2021 waren es noch 57 Prozent gewesen. 18 Prozent gaben an, im zurückliegenden Jahr für Online-Nachrichten bezahlt zu haben.

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