Schweizer Armee: Waffenverluste sind Gefahr, warnt Politikerin
Das Wichtigste in Kürze
- 101 Waffenverluste verzeichnete die Armee 2023 — 95 davon durch Diebstähle.
- Alle gestohlenen Waffen seien aus Privathaushalten entwendet worden, sagt die Armee.
- Es brauche griffigere Massnahmen, findet Nationalrätin Priska Seiler Graf von der SP.
Seit Jahren ist bekannt, dass in der Schweizer Armee Munition und auch Schusswaffen verschwinden. Letztere werden jedes Jahr in einer Verluststatistik erfasst.
2023 wurden total 101 Waffen als verloren gemeldet, ganze 95 davon sind gestohlen worden.
Sollte man eine Waffe nach Hause nehmen dürfen?
«Diese Waffendiebstähle ereigneten sich ausnahmslos in Privathaushalten, zum Beispiel im Estrich oder im Keller.» Das sagt Armeesprecher Mathias Volken auf Anfrage. In diesen Fällen seien es die kantonalen Polizeikorps, welche die Ermittlungen führen würden.
Denn: Soldaten müssen ihre Dienstwaffe mit nach Hause nehmen und dort aufbewahren.
Tut man genug gegen Waffenverluste?
Auf die Frage, ob die Armee genug unternehme, um Waffen- und Munitionsverluste zu verhindern, meint Volken: «Waffen- und Munitionsverluste werden immer konsequent verfolgt und ziehen immer Abklärungen nach sich.» Ausserdem müsse ein Armeeangehöriger grundsätzlich immer für den Verlust einer Waffe aufkommen.
Die Armeeangehörigen würden «während der Rekrutenschulen und Wiederholungskurse ausgebildet und sensibilisiert», so Armeesprecher Volken. «Zudem bestehen Vorgaben darüber, wie Munition, diebstahlgefährdetes Material und Waffen zu lagern und zu schützen sind.»
Schweizer Armee «spielt das Problem herunter»
Anderer Ansicht ist Priska Seiler Graf. Die SP-Nationalrätin, die die nationalrätliche Sicherheitskommission (SiK) präsidiert, hält wenig von den Massnahmen: «Die Armee spielt das Problem regelmässig herunter, indem sie sagt, die Verlustquote betrage ‹nur› 0,008 bis 0,009 Prozent. Entsprechend beschränkt sich die Armee auf wenig wirksame Massnahmen, was zur Folge hat, dass die Verlustzahlen wieder ansteigen.»
Auf den Armee-Standpunkt stellt sich auch Sicherheitspolitiker und SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor: Bei einem Effektivbestand von über 140'000 Armeedienstangehörigen entsprächen 95 Waffenverluste 0,00068 Prozent. Er bleibt drum entspannt: «Panikmache ist angesichts dieses extrem niedrigen Prozentsatzes nicht angebracht.»
Dem widerspricht Priska Seiler Graf. Dass die Waffenverluste zunehmen würden, sei beunruhigend. Es genüge offenkundig nicht, einen «Flyer mit ein paar Tipps und Androhungen ins Dienstbüchlein zu kleben».
SP will keine Kriegswaffen in Privathaushalten
Seiler Graf führt aus, weshalb sie beunruhigt ist: «Für mich und für die SP ist seit jeher klar, dass Kriegswaffen nichts in einem Privathaushalt zu suchen haben.»
Diese Tradition gefährde die öffentliche Sicherheit in der Schweiz. Ausserdem bilde sie «einen Selbstbedienungsladen für Personen, die im Ausland ein Attentat begehen oder an Kriegshandlungen teilnehmen wollen».
Der Anstieg an verschwundenen Waffen widerspiegle die erhöhten internationalen Spannungen, denn: «Immer wieder stellen Strafverfolgungsbehörden in unseren Nachbarstaaten fest, dass die Tatwaffen von terroristischen Anschlägen aus der Schweiz stammen.»
Viele der von Privathaushalten als gestohlen gemeldeten Sturmgewehre dürften gemäss Seiler Graf denn auch über die Grüne Grenze «verschwunden» sein.
Gegenüber Nau.ch sagt sie, dass sie wirksame Massnahmen und nicht nur «gut gemeinte, aber wenig zielführende Sensibilisierungskampagnen» erwarte.
Als Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) plane sie nun, das VBS anzufragen, welche zusätzlichen Massnahmen es ergreifen werde.