Die Schweiz nimmt keine Verwundeten aus der Ukraine auf. Obwohl die Kantone dazu bereit waren, unterband das Aussendepartement dies aus Gründen der Neutralität.
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Ukraine-Krieg: Trümmer liegen auf einer Strasse in Kiew. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das EDA hat nach eigenen Angaben zusammen mit dem Innendepartement und dem Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) des Verteidigungsdepartements Abklärungen gemacht.

Die Schweiz nimmt keine Verwundeten aus der Ukraine auf. Obwohl die Kantone dazu bereit waren, unterband das Aussendepartement (EDA) dies aus Gründen der Neutralität. Die Schweiz - immerhin Sitz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) - will nun vor Ort im kriegsgeschüttelten Land helfen.

Diese hätten ergeben, dass die Schweiz grundsätzlich mit ihrer Hilfe und ihrem humanitären Engagement die Ukraine vor Ort besser und effizienter unterstütze, als wenn Patientinnen und Patienten in der Schweiz aufgenommen würden.

«Zudem gab es neutralitätsrechtliche Hindernisse bei der Aufnahme militärischer Patienten, und eine Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Patienten ist kaum möglich», rechtfertigte sich das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in seiner Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es bestätigte damit einen Bericht zum Thema in den Tamedia-Zeitungen vom Montag.

Als neutrales Land - gerade auch als Depositarstaat der Genfer Konventionen - hätte die Schweiz gemäss Kriegsvölkerrecht auch dafür zu sorgen, dass niemand nach der Genesung wieder zurück an die Front geht.

Die Schweiz unterstütze Rehabilitationsmassnahmen für verletzte Personen in den Hauptspitälern von Lwiw (Lemberg), Sumy und Tschernihiw, stelle Behandlungsgeräte bereit und bilde Physiotherapeutinnen und - therapeuten aus, hiess es weiter aus dem EDA. Das Projekt sei auf ein Jahr angelegt. Zudem würden Spitäler auf Anfrage mit Medikamenten unterstützt und mit Geräten beliefert.

Immerhin hat die russische Armee seit dem von Präsident Wladimir Putin am 24. Februar angeordneten Einmarsch in die Ukraine dort hunderte Spitäler und Gesundheitseinrichtungen zerstört.

Die Kantone hätten gerne geholfen. So schreibt die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) in einer Stellungnahme vom Montag gegenüber Keystone-SDA: «Der Vorstand der GDK signalisierte an seiner Sitzung vom 19. Mai grundsätzlich Offenheit für die Übernahme durch die Kantone beziehungsweise die Spitäler.»

Aus humanitärer Perspektive wäre die Aufnahme von Zivilpersonen wünschenswert gewesen, so die GDK. Der Koordinierte Sanitätsdienst sei aufgrund einer Anfrage der Nato an sie herangetreten.

Als «wirklich nicht nachvollziehbar» bezeichnete die Luzerner Mitte-Nationalrätin Ida Glanzmann, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, auf Twitter das Verhalten der Schweiz. Immerhin habe das IKRK seinen Sitz in der Schweiz, «und wir galten doch immer als offener Staat bei humanitärer Hilfe». Luca Strebel, Vize-Generalsekretär der Mitte, schreibt: «Es ist zum Schämen.»

Grünen-Parteipräsident Balthasar Glättli schreibt auf Twitter: «Dass aus neutralitätsrechtlichen Gründen keine Soldaten gesund gepflegt und dann wieder in den Krieg gelassen werden dürfen, ist einleuchtend.» Aber selbst bei enger Auslegung dürften auch verwundete Soldaten in der Schweiz gepflegt werden, wenn die Schweiz sie danach nicht zurückreisen lasse.

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