Sammler stürzen sich jetzt auf gecancelte Globi-Bücher
Einige der beliebtesten Globi-Bücher sind aus der Zeit gefallen. Obwohl sie nicht mehr nachgedruckt werden, verkaufen sie sich noch immer. Auf Ricardo und Co.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine falsche Angabe im neuen Globi-Band machte kürzlich Bauern hässig.
- Schon früher sorgte Globi für Diskussionen – wegen zum Teil problematischen Darstellungen.
- Die gecancelten Globi-Bücher sind begehrt – Sammler stürzen sich darauf.
Globi ist Kult. Doch die Kinderbuchfigur hat kürzlich für mächtig Ärger mit dem neuen Sachbuchband «Globi und der Wald» gesorgt.
Grund dafür war die Behauptung im Buch, dass der Kraftfutteranteil in der Schweiz bei 80 Prozent liege. Tatsächlich liegt dieser aber nur bei zehn Prozent.
Das brachte die Schweizer Bauern auf. Der Verlag entschuldigte sich öffentlich.
Und der neue Band ist nicht der erste, der einen Shitstorm ausgelöst hat. Wie der «Sonntagsblick» berichtete, ist mehr als die Hälfte aller Globi-Bücher seit 1935 nicht mehr im Angebot.
Bei Nau.ch erklärt Gisela Klinkenberg, die Leiterin des Globi-Verlags, jetzt wieso: «Es gibt im Wesentlichen zwei Gründe, ein Buch nicht mehr nachzudrucken: Ein Buch verkauft sich immer schlechter oder es ist nicht mehr aktuell, zeitgemäss oder veraltet.»
Ältere Bücher, die beliebt sind und noch immer gut in die Zeit passen, werden allerdings auch weiterhin verkauft. Wo nötig mit kleineren Anpassungen bei den Versen oder den Illustrationen.
Globi sorgt für Diskussionen um Tierquälerei und Rassismus
Einige Bände hat der Verlag aber definitiv gecancelt. Und das aus gutem Grund.
«Wie Globi Bauer wurde» behandelt die Hoftiere auf eine Weise, die heute mit den Tierschutzgesetzen nur schwer vereinbar ist. Und ein allzu lauter Güggel überlebt die Geschichte nicht.
In einem anderen zeigt Globi die inzwischen verbotene Prügelstrafe.
In den exotischeren Abenteuern aus den 50er-Jahren begegnet Globi «Eingeborenen» mit Reimen, die aus heutiger Sicht ziemlich daneben wirken. N-Wort inklusive.
Pikant ist auch: In «Globi an der Landesausstellung» (1939) posiert er auf einem Balkon in Gestik, die an Italiens Diktator Mussolini erinnert.
Solche Geschichten werden zwar nicht mehr nachgedruckt. Doch auf Plattformen wie Ricardo und Co. boomen die Angebote von alten Bänden.
Denn: Einige der gecancelten Ausgaben gehören schliesslich zu den beliebtesten überhaupt.
Globi-Fans wollen vollständige Sammlung
Globi-Verlagsleiterin Klinkenberg nimmt Stellung zu den Inseraten. «Das kann man nicht verhindern. Das sind halt Märkte für Sammler, die so alte Ausgaben suchen und finden», sagt sie.
Denn: «Diese Ausgaben sind bei Sammlern sehr beliebt. Sie suchen in der Regel nach Erstauflagen und wollen ihre Sammlung vollständig haben.»
Doch nicht nur online boomen die inzwischen gecancelten Globi-Bücher.
Globi-Kenner: «Vieles wird nicht hinterfragt»
Das EOS Buchantiquariat Benz in Zürich hat vor über 30 Jahren den Nachlass von Ignatius Karl Schiele übernommen. Er war der werbeverantwortliche Direktor und Initiator der Globi-Figur und der erstmals 1955 erschienenen Globi-Bücher beim Globus.
Inhaber Marcus Benz sagt zu Nau.ch: «Globi-Bücher sind nach wie vor bei Gross und Klein begehrt. Vor allem, weil sie lustig sind und eine positive Ausstrahlung haben.»
Die Kontroversen spielen da keine Rolle. «Vieles wird nicht hinterfragt und auch nicht negativ interpretiert», sagt er.
So gehört auch die gecancelte «Wie Globi Bauer wurde»-Ausgabe zu den beliebtesten Titeln.
Zur aktuellen Kontroverse um die falsche Angabe im Globi-Buch meint Benz: «Die Sache mit den 80 Prozent wird ein bisschen hoch aufgespielt. Hier ist einfach ein Fehler passiert. Der Verlag hat sich dafür entschuldigt und die nötigen Massnahmen ergriffen.»
Bibliotheken können gecancelte Globi-Bücher nicht mehr nachbestellen
Auch in Bibliotheken ist «Wie Globi Bauer wurde» noch erhältlich – so auch bei der Pestalozzi-Bibliothek Zürich (PBZ).
Direktor Felix Hüppi sagt zu Nau.ch: «In der PBZ sind Globi-Bücher natürlich sehr beliebt. Da es eine kinderfreundliche Figur ist und Bildergeschichten auch schon die Kleinsten ansprechen.»
Bei der inhaltlichen Beurteilung verlasse man sich stark auf den Verlag. Klar sei aber: «Zurückgezogene Titel können wir natürlich nicht mehr kaufen und lassen sie aus unserem Bestand auslaufen.»
Heisst also: Gecancelte Ausgaben werden in absehbarer Zeit aussortiert. Rückmeldungen zu Globi-Büchern seien bei der Bibliothek keine eingegangen.
Und wie sollten Eltern reagieren, wenn ihre Kinder auf ältere Globi-Bücher stossen, die aus heutiger Sicht problematische Darstellungen enthalten?
Das Schweizerische Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM sagt dazu gegenüber Nau.ch: «Eltern sollen und können mit ihren Kindern über kritische Inhalte sprechen. Natürlich können sie beim Vorlesen auch entscheiden, ob sie eine Stelle allenfalls umformulieren möchten.»
«Ein paar veraltete Bücher sind nicht tragisch»
Das Institut hält fest: «Dass Rassismus oder auch Falschaussagen angesprochen werden, ist wichtig. Auch wenn Kinder Bücher alleine anschauen, können Eltern dies begleiten und für Gespräche offen sein.»
Generell gelte: «Ein paar veraltete Bücher im Kinderzimmer sind nicht tragisch.» Wichtig sei, dass die Kinder insgesamt mit einer vielfältigen und auch aktuelleren Literatur in Berührung kämen.
Und: «Ein offener, reflektierter Umgang mit veralteten Inhalten ohne Verdammen und Verbieten schult nicht zuletzt das kritische Denken der Kinder.»
Übrigens: Von den neueren Globi-Abenteuern sind vor allem die Bände mit Schweizer Themen oder actionreichen Geschichten besonders beliebt.
Dazu gehören «Globis abenteuerliche Schweizerreise», «Globi bei der Rettungsflugwacht» und «Globi bei der Feuerwehr». Aber auch «Globi, der schlaue Bauer» und «Globi und die Pirateninsel» verkaufen sich am besten.
