Schwangere (34) wartet mit Thrombose stundenlang im Notfall
Eine mit Zwillingen schwangere Bernerin (34) sucht den Notfall auf. Dort muss sie stundenlang warten – ohne einen Arzt zu sehen. Das hätte böse enden können.

Das Wichtigste in Kürze
- Wegen Schmerzen im Bein geht Leonie (34) auf Anraten der Ärzte auf den Notfall.
- Dort wird ihr lediglich der Blutdruck gemessen. Und sie wartet stundenlang.
- Es stellt sich heraus: Sie hat eine Thrombose – und hätte früher behandelt werden müssen.
Leonie* (34) ist im siebten Monat schwanger mit Zwillingen. Entsprechend alarmiert ist sie, als sie plötzlich starke Schmerzen in der rechten Wade verspürt.
Sie erkundigt sich telefonisch beim Frauenspital in Bern, was zu tun sei. Dort rät man ihr, die Notfallstation des Inselspitals in Bern aufzusuchen. Denn dies töne nach einer Thrombose und das sei kein gynäkologischer Notfall.
Dort angekommen, wird ihr der Blutdruck gemessen. Und dabei bleibt es dann auch. «Nach viereinhalb Stunden hatte ich immer noch keinen Arzt gesehen», erzählt sie Nau.ch. Also fragt sie nach. «Sie sind auf Stufe 3 von 4 triagiert, wir können sie jetzt nicht einfach früher drannehmen, nur weil sie schwanger sind», erklärt man ihr.
Zudem heisst es, die Wartezeit werde sich mindestens auf weitere zwei bis drei Stunden hinausziehen. Dann werde sie zuerst in eine Kajüte gebracht, wo sie dann wiederum auf einen Arzt warten müsse.
Für Leonie ist das zu viel des Guten. Sie ist mit den Nerven am Ende, hat immer noch starke Schmerzen im Bein und einfach keine Kraft mehr, nochmals mehrere Stunden zu warten.
Sie entscheidet somit, nach Hause zu gehen. «Ich dachte mir, dann kann es ja nicht so schlimm sein, wenn sie mich so lange warten lassen.»
Doch am nächsten Tag sind die Schmerzen immer noch da – sowie die innere Unruhe und Ungewissheit, was es wohl sein könnte. Also vereinbart sie einen Termin bei Localmed. Dort erhält sie vom Arzt die Gewissheit dessen, was sie schon befürchtet hatte: Diagnose Thrombose.
Leonie ist geschockt und verunsichert. Sie darf gar nicht daran denken, dass sie so lange mit dieser Thrombose herumgelaufen ist. «Das hätte böse enden können. Ich hatte wohl Glück im Unglück. Vor allem, weil eine solche Thrombose auch eine Lungenembolie mit sich ziehen kann.»
Das hätten ihr auch die Ärztin bei Localmed gesagt sowie zwei Frauenärztinnen des Inselspitals, die sie einige Tage später bei einer regulären Kontrolle konsultierte. Eine Thrombose sei ein klarer Notfall.
Arzt rät: Unbedingt Beinumfang messen
Beim Inselspital Bern heisst es auf Nachfrage, dass man zu individuellen Patientenbehandlungen grundsätzlich keine Stellung beziehe. Dies, um die Privatsphäre und den Datenschutz der Patienten zu wahren.
Die Situation etwas besser einschätzen kann Gynäkologe Thomas Eggimann. Er erklärt auf Anfrage, dass Ärzte zumindest «zu meinen Zeiten» alle Schwangeren (mit) angeschaut und beurteilt hätten.
«Meist wurden wir gerufen, sobald auch nur ein Verdacht auf eine Schwangerschaft bestand», erklärt der Generalsekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.

Den konkreten Triage-Fall könne er retrospektiv nicht beurteilen, so Eggimann. Es gäbe jedoch ein paar klinische Zeichen, die jede und jedermann im Studium gelernt habe und die auch heute noch bei Verdacht auf Thrombose gelehrt würden.
Und das sollte, so betont er, bei Schwangeren mit akuten einseitigen Beinschmerzen auch so ausgeführt werden.
Zum Beispiel den Beinumfang messen. Dies dauere weniger als eine Minute. «Mit einem Verdacht wäre die Patientin überwiesen und fast sicher rascher mit einem Duplexultraschall abgeklärt worden», führt der Gynäkologe aus.
Für Leonie ist nun klar: «Künftig höre ich auf mein Bauchgefühl und gehe gleich zu einem zweiten Arzt.»
*Name von der Redaktion geändert