Schuldfrage von Julens (†2) Tod noch immer ungeklärt
Auch ein Jahr nach dem Drama um den kleinen Julen (†2), der nahe Málaga in ein winziges Bohrloch stürzte, ist die Tragödie in Spanien unvergessen.

Das Wichtigste in Kürze
- Vor einem Jahr starb der zweijährige Junge Julen.
- Er fiel in ein Bohrloch.
- Ein Jahr später ist die Schuldfrage weiterhin nicht geklärt.
Wenn Schreckliches geschieht, speziell wenn es dabei um den Tod eines Kindes geht, bleiben Hinterbliebene immer mit offenen Fragen zurück. Warum starb Julen mit nur zwei Jahren? Und: Wer hat Schuld an seinem Sturz in ein mehr als 100 Meter tiefes Bohrloch in Südspanien und soll dafür zur Verantwortung gezogen werden?
Die Bergung des Jungen hielt die Welt fast zwei Wochen lang in Atem. Ein Jahr danach gibt es immer noch keine Antworten, aber einen Angeklagten: den Besitzer der andalusischen Finca, auf deren Grundstück das Unglück am 13. Januar 2019 geschah.

Das Verfahren gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung beginnt am 21. Januar, knapp ein Jahr nachdem die Helfer endlich zu Julen vordrangen – und alle Hoffnung auf ein Wunder endete.
Helfer litten mit
Vor allem die Rettungsmannschaften, die sich am 26. Januar mittels eines extra gebohrten Parallelschachts mühsam zu dem in 70 Meter Tiefe feststeckenden Kind vorgekämpft hatten, waren erschüttert. «Als der Kleine entdeckt wurde, herrschte im Schacht eine Stunde lang totale Stille», beschrieb damals ein Helfer die Reaktion seiner Kollegen.
Die Anwälte des Finca-Besitzers – der den Brunnenschacht nahe Málaga auf einem schwer zugänglichen Hügel illegal auf der Suche nach Wasser ausgehoben hatte – hatten zuvor noch versucht, die Retter für Julens Tod mitverantwortlich zu machen.
Sie unterbreiteten der Justiz die These, die Einsatzkräfte könnten Julen mit einer Spitzhacke am Kopf getroffen haben, als sie versuchten, in dem nur 25 Zentimeter breiten Loch zu ihm vorzudringen.
Julen starb während des Falls
Jedoch wurden bei der Obduktion keine entsprechenden Wunden am Schädel des Kindes gefunden. Zudem hatten die Arbeiten mit dem Gerät erst Stunden nach dem Sturz begonnen – zu diesem Zeitpunkt war der Junge den Pathologen zufolge schon tot.

Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft für den Angeklagten. Dieser sei der einzige gewesen, der von der Existenz des Brunnens gewusst habe – und habe es dennoch versäumt, das Loch abzudecken oder irgendwie zu sichern, lautet der Vorwurf.
Anwältin Antonia Barbas, die die Eltern im Prozess vertritt, wirft dem Finca-Besitzer «extrem schwere Nachlässigkeit» vor. Der Angeklagte habe die Eltern nicht einmal um Entschuldigung gebeten, verriet sie.

Im Mai erwartet das Paar Nachwuchs. «Ich habe Julen versprochen, dass ich ihm ein Brüderchen schenken würde, und das tue ich jetzt», sagte Vicky im September in einem der ganz wenigen TV-Interviews.
Vater sieht immer den Brunnen
Doch noch im Februar 2019 sagte der Vater: Alle möchten, dass ich auf andere Gedanken komme. Doch wenn ich meine Augen schliesse, sehe ich den Brunnen.»

Die Hoffnung, dass die Tragödie irgendwelche positiven Auswirkungen hat, schwindet unterdessen immer mehr. Das Unglück hat nämlich ein Problem ans Licht gebracht, das in Spanien bis dahin kaum beachtet wurde: Das Land gleicht einem Schweizer Käse. Auf der Suche nach Wasser werden überall illegal Löcher gegraben, unzählige sind es, die vor allem für Kinder und Tiere extrem gefährlich sind.